Ästhetisiert, stilisiert und artifiziell bis an die Grenze der Satire, gefällt sich Tom Fords lose Adaption Christopher Isherwoods gleichnamigen Romans als Allegorie auf das Leben. Diese allerdings hat die eitle Banalität eines ausgedehnten Werbespots. An dessen Anfang steht die Gewissheit der Vergänglichkeit. Der Tod seines Lebenspartners Jim (Matthew Goode) konfrontiert den zurückgezogenen Literaturprofessor George (Colin Firth) mit seiner Sterblichkeit. Sein ereignisarmes Oberschichtleben enthüllt sich ihm abrupt als leer und ziellos. Die Last einer Trauer, welche das repressive Zeitklima ihm auszuleben verbietet, wird zum melancholischem Momentum der Tagesreise in einen geplanten Tod. Das physische Verschwinden wird zur logischen Konsequenz der emotionalen und sozialen Desintegration.
Doch er penibel vorbereitete Selbstmord zögert sich ähnlich hinaus wie das penibel inszenierte Melodram darüber. Da will man sich einfach nur deprimiert die Kugel geben und dann will im letzten Moment dauernd jemand was. Zusammengefasst klingt die Handlung nach einem makaberen Witz, aber ist das Leben nicht einer? Isherwoood vermochte die bittere Ironie in seiner Novelle effektiv mit dem Schmerz des Protagonisten zu verweben. Fords Talent liegt mehr darin, den Mangel an Dramatik und Inhalt hinter manierierter Eleganz zu verstecken. Als Schaukasten edler Kostüme, Accessoires und Innenausstattung funktioniert die gemächliche Episode wunderbar. Nur bedingt indes als bewegendes Erlebnis greifbarere Charaktere. Selbst das fähige Ensemble kann den schablonenhaften (Kunst)Figuren kaum Leben einhauchen,
George, seine alkoholabhängige Freundin Charley (Julianne Moore), der attraktive Student Kenny (Nicholas Hoult) und Zufallsbekanntschaft Carlos (Jon Kortajarena) reden und agieren mit einer Scheinnatürlichkeit, die ironischerweise perfekt in die makellose 60er-Jahre-Szenerie passt. Ihre überdeutliche dramaturgische Funktion macht sie zu wandelnden Requisiten, heimlich verschworen, George den Wert seiner Existenz vorzuführen. Er hat ja soviel, wofür es sich zu leben lohnt, und würde soviel verpassen. Repression ignoriert, Depression negiert die subtil moralisierende Fingerübung. Dafür sieht der glamouröse Retro-Chic richtig gut aus. Womöglich ist das alles doch nur eine Reklame für Fords nächste Kollektion. Als solche wäre das Werk weitaus gelungener.
- OT: A Single Man
- Regie: Tom Ford
- Drehbuch: Tom Ford, David Scearce, Christopher Isherwood
- Produktionsland: USA
- Jahr: 2009
- Laufzeit: 101 min.
- Cast: Colin Firth, Julianne Moore, Nicholas Hoult, Matthew Goode, Jon Kortajarena, Paulette Lamori, Ryan Simpkins, Ginnifer Goodwin, Teddy Sears, Paul Butler, Aaron Sanders, Aline Weber, Keri Lynn Pratt, Jenna Gavigan, Alicia Carr, Lee Pace
- Kinostart: 08.04.2010
- Beitragsbild © Senator