Im Titel seines fokussierten zweiten Spielfilms verweist Yaron Zilberman am deutlichsten auf die destruktiven Kräfte, die seinen verblendeten Protagonisten antreiben. Yigal Amir (beklemmend: Yehuda Nahari) ist Produkt einer explosiven Konstellation aus Militarismus, Fundamentalismus und Machismo, deren Gewaltpotenzial sich in den Schüssen auf Israels Premierminister Yitzhak Rabin entlädt. Untermauert von Archivaufnahmen und Nachrichtenschnipseln entwirft der Regisseur und Co-Drehbuchautor ein hautnahes Porträt des unbekehrbaren Attentäters als Symptom einer von Religion und Rachsucht radikalisierten Jugend. Orthodoxe Autoritätsfiguren und großmäulige Kommilitonen des megalomanischen Jura-Studenten sind blind für dessen sukzessiven Übergang seiner Frustration zu gefährlichen Fanatismus. Amirs Tunnelblick ist die Kehrseite kollektiver Abwendung.
Letzte ist auch mehrfacher Ebene Motor des mörderischen Denkprozesses, in den die Inszenierung sich kompromisslos hineinversetzt. Wenn auch der private Rahmen einer dominierenden Mutter (Anat Ravnitzki) und eines durchsetzungsunfähigen Vaters (Yoav Levi) nah am Klischee pathologischer Familienhintergründe liegt, verortet Zilberman die Ursache der Tat stets in der Psyche des Hauptcharakters. Dessen Unfähigkeit alltägliche Enttäuschungen zu verarbeiten, korreliert auf fatale Weise mit der ihn umgebenden Kampfkultur. Aggressive Proteste, Polizeigewalt und archaische Glaubenskonstrukte zementieren seinen blutigen Pfad. Den beschreitet das Publikum mit dem Täter bis zum schmerzlichen Ende, dessen bitterer Nachhall in die Gegenwart überdauert. Und mit ihm die Aufrufe zu neuer Gewalt.
- OT: Incitement
- Regie: Yaron Zilberman
- Drehbuch: Yair Hizmi, Ron Leshem, Yaron Zilberman
- Produktionsland: Israel
- Jahr: 2019
- Laufzeit: 123 min.
- Cast: Yehuda Nahari Halevi, Amitay Yaish Ben Ousilio, Anat Ravnitzki, Yoav Levi, Daniella Kertesz, Sivan Mast, Dolev Ohana, Raanan Paz, Eldad Ben Tora, Gur Ya’ari, Hadar Cats
- Kinostart: Jüdisches Filmfestival 2020
- Beitragsbild © WestEnd Films