Würde der Spaß des Ensembles bei der Verkörperung seiner Rollen sich direkt in Unterhaltungswert übersetzen, wäre Andy Serkis Fortsetzung zu Ruben Fleischers holprigem Auftakt des Venom-Reboots ein grandioses Sequel. Dessen Stärke ist eindeutig die Dynamik zwischen Investigativ-Reporter Eddie Brock (Tom Hardy) und dem titelgebenden Symbionten. Die Unzufriedenheit dieser extraterrestrischen Verkörperung eines Freudsches Es mit der passiven Lebenssituation seines Wirtskörpers ist zugleich emotionaler und dramaturgischer Anker einer Story, die sich weniger als brutale Comic-Action versteht denn als Bromance – dazu mit erstaunlich offenen Referenzen an einen queeren Subtext, der in die Beziehung der physisch buchstäblich vereinten Hauptfiguren gelesen wurde.
Ausflüge ins Buddy-Movie-Genre zelebrieren Serkis und der an Kelly Marcels Drehbuch beteiligte Hardy länger und emotionaler als die obligatorischen Kämpfe mit Carnage. Venoms Nemesis ist in seiner Alien-Form weit weniger bedrohlich als sein Serienkiller-Wirt Cletus Kasady (Woody Harrelson channelt Natural Born Killers). Dessen romantische Chemie mit Superschurkin Shriek (Naomi Harris) setzt zu Eddies Herzschmerz einen kompromisslosen Kontrast, der exemplarisch für die Ambiguität der unausgewogenen Inszenierung. Deren eigentlicher Fokus gilt den Nebenschauplätzen, die maximal ausgebaut die Haupthandlung aushöhlen. Blockbuster und Beziehungsdramedy sind ähnlich der Protagonisten zusammengezwungen in einem kurzweiligen Spektakel, das seine anarchischen Stärken zum eigenen Nachteil unterdrückt.
- OT: Venom: Let There Be Carnage
- Regie: Andy Serkis
- Drehbuch: Tom Hardy, Kelly Marcel
- Produktionsland: USA
- Jahr: 2021
- Laufzeit: 97 min.
- Cast: Tom Hardy, Woody Harrelson, Michelle Williams, Naomie Harris, Reid Scott, Stephen Graham, Peggy Lu, Sian Webber, Michelle Greenidge, Rob Bowen, Laurence Spellman, Little Simz, Jack Bandeira, Olumide Olorunfemi, Scroobius Pip, Amrou Al-Kadhi
- Kinostart: 21.10.2021
- Beitragsbild © Sony