Den Geist der Vorlage zu treffen ist nicht unbedingt ein filmischer Vorzug, handelte sich dabei um ein so phantasiearmes Werk wie Norman Bridwells Kinderbuchreihe. Deren Titelfigur hat keine nennenswerten Facetten außer seiner Farbe und Größe, die auf kleine Kinder offenkundig Signalwirkung haben. Entsprechend formalistisch ist Walt Beckers Leinwandadaption der populären Geschichten. Deren von Godzilla-Größe auf Elefanten-Format geschrumpfter Hundeheld verhält sich im Grunde wie ein gewöhnlicher Welpen. Einziges dramaturgisches Momentum sind demnach monotone Superlative.
Literweise Hundesabber, stinkigere Hundefurze, regengussartiges Pinkeln … nur den Mount Everest aller Hundehaufen erspart dem Publikum gnädigerweise das überforderte Special Effects Department. Dessen CGI-Clifford wirkt durchgehend wie ein Fremdkörper in der von politischen und sozialen Konflikten peinlich bereinigten Idealversion eines multikulturellen New Yorks. Das Nivellieren auseinander klaffender wirtschaftlicher Lebensrealitäten zeigt exemplarisch der Spottname „Food Stamp“, den Cliffords kindliche Besitzerin Emily Elizabeth (Darby Camp) von der obligatorischen fiesen Mitschülerin bekommt – obwohl Anwaltstochter Emily sichtlich wohlständisch lebt.
Die ihr zeitweise drohende Obdachlosigkeit, das materielle Dilemma ihres infantilen Onkels Casey (Jack Whitehall), Handicaps und Tierversuche liefern Material für fragwürdige Gags in einer klamaukigen Inszenierung, die ihre mechanische Toleranzbotschaft ad absurdum führt. Individualität gestattet die nach spannungsfreiem Schnitzeljagd-Schema aufgebaute Handlung ausschließlich in einem streng normierten Rahmen. Der rote Riesenhund ist quasi Maskottchen jener geheuchelten Originalität, die der dumm-dreist derivative Plot mit einer unübersehbar auf Merchandising kalkulierten Materialismus-Message kombiniert: Bigger sells better.
In der bizarr von Tiertiteln bestimmten Regielaufbahn Walt Beckers markiert die vulgäre Verfilmung der uninspirierten Kinderbücher einen weiteren generischen Tiefpunkt. Dessen aufgesetzte Tierliebe maskiert eine ungeniert von ähnlichen Familienfilmen abgepauste Handlung mit oftmals bedenklichen Aussagen. Straßenverkäufer geschützter Exoten? Vertrauenswürdige Tierfreunde. Große Haustiere in beengte Stadtwohnungen zwängen? Ein Riesenspaß. Monströse Qualzüchtungen? Total lustig. Durch Quälerei aggressive Tiere? Noch lustiger. Dass die verständlicherweise unmotivierten Darsteller*innen den eindimensionalen Charakteren kein Identifikationspotenzial verleihen, ist da fast schon lobenswert.
- OT: Clifford, the Big Red Dog
- Director: Walt Becker
- Screenplay: Jay Scherick, David Ronn, Blaise Hemingway
- Country: USA
- Year: 2021
- Running Time: 97 min.
- Cast: Darby Camp, Jack Whitehall, Izaac Wang, John Cleese, Sienna Guillory, Tony Hale, David Alan Grier, Horatio Sanz, Paul Rodríguez, Russell Peters, Keith Ewell, Bear Allen Blaine, Tovah Feldshuh, Jessica Keenan Wynn, Ty Jones, Russell Wong
- Release date: 02.12.2021
- Image © Paramount Pictures