„Alles oder nix“ heißen Plattenlabel und Autobiografie von Rapper Xatar alias Giwar Hajabi, dessen Leben – oder eher: Familienroman – die Inspiration für Fatih Akins großspuriges Gangstermärchen liefert. Hätte der Regisseur und Drehbuchautor sich den Spruch zur Maxime gemacht, hätte das inszenatorische Imponiergehabe entweder ironisch reflektiert oder mit realistischem Understatement gekontert, hätte die stereotype Story eines selbstverliebten Selfmademans filmisch funktionieren können. Doch Akin will mindestens drei verschiedene Projekte in einem drehen. Das Resultat ist mehr Werbefilm als Werdegang, verloren zwischen Krimiklamauk, Ghetto-Drama und Kriegstragödie. Letzte ist bei Weitem am interessantesten, nicht obwohl, sondern weil der Hauptcharakter (Emilio Sakraya) darin kaum vorkommt.
Eine Szene, in der der islamische Revoluzzer ein klassisches Konzert mit Maschinengewehren niedermähen, besitzt mehr Dramatik und Relevanz als sämtliche Abenteuer des Protagonisten. Dessen Weg vom Flüchtlingskind zum Hit-Musiker und Produzenten wird zu der eines unbezwingbaren Underdogs stilisiert, obwohl hier ein Einser-Schüler aus der Mittelschicht aus Geltungsbedürfnis kriminell wird. Unrühmliche Episoden kappen Zeitsprünge, genau wie relevante psychologische und zwischenmenschliche Entwicklungen. Xatar muss nicht geläutert werden, denn er war ja schon immer der Gute und wurde der Beste, der nicht nur die Frau kriegt, die er will, sondern alles: Reichtum, Ruhm, „Respekt“ und Rheingold. Schön für ihn, schade fürs Publikum.
- OT: Rheingold
- Director: Fatih Akin
- Screenplay: Fatih Akin, Xatar
- Country: Germany
- Year: 2022
- Running Time: 140 min.
- Cast: Emilio Moutaoakkil, Asli Dis, Karim Günes, Jonathan Sussner, Kazim Demirbas, Mona Pirzad, Greta Sophie Schmidt, Ilyes Moutaoukkil, Meto Ege, Uwe Rohde, Hussein Eliraqui, Meryem Moutaoukkil, Shaima Boone, Denis ‘Marshall’ Ölmez, Jesse Albert, Marlon Heidel
- Release date: 27.10.2022
- Image © Warner Bros.