Mit knapp über einem halben Dutzend Filmen hat sich Mia Hansen-Løve zu einer festen Institution des Kinos der bourgeoisen Belanglosigkeit entwickelt. Ihr jüngstes Werk ist eine weitere dieser gemächlichen Geschichten von Menschen, deren gewöhnliche Alltagssorgen als hochdramatische Probleme herhalten, weil echte Probleme in ihrem materialistischen Mikrokosmos nicht existieren. Ansehnliche Vertreter:innen des gut betuchten Bildungsbürgertums bewegen sich durch schöne Landschaften und Städte wie Paris, wo Sandra (Léa Seydoux) lebt. Sie ist alleinerziehend, aber ohne die Geldsorgen, Zeitnot und Überlastung. Tochter Linn (Camille Leban Martins) ist rein dekorativ, genau wie die Tränen, die der privilegierten Protagonistin andauernd über die Wangen kullern.
Wenn ihr verheirateter Lover Clément (Melvil Poupaud) sie per SMS versetzt, weil er sich nicht zwischen Gattin und Geliebter entscheiden will. Wenn eine ehemalige Studentin ihres Vaters Georg (Pascal Greggory), der wegen eines Nervenleidens ins Pflegeheim ziehen muss, nach ihm fragt. Wenn der verwirrte Georg sich mehr über den Besuch seiner Partnerin freut als über ihren. Wenn im Heim ein alter Chanson gesungen wird. Ansonsten schlendert sie mit Clément im Sonnenschein, liegt nackt in seinen Armen und löst mit Mutter (Nicole Garcia) und Schwestern Georgs Wohnung auf. So vergeht ein Jahr des elitären Ennui, das sich im Kino anfühlt wie zehn.
- OT: Un Beau Matin
- Director: Mia Hansen-Løve
- Screenplay: Mia Hansen-Løve
- Country: France
- Year: 2022
- Running Time: 112 min.
- Cast: Léa Seydoux, Pascal Greggory, Melvil Poupaud, Nicole Garcia, Camille Leban Martins, Sharif Andoura, Elsa Guedj, Masha Kondakova, Kester Lovelace, Ema Zampa
- Release date: 08.12.2022
- Image © Weltkino