Casting-Bands verkörpern weniger 90er-Nostalgie als den Triumph von Kommerz über Kreativität, Kalkulation über Kunst sowie die materialistische Manipulation jugendlicher Gefühle (und Geldmittel) zu Gunsten eines wertkonservativen Wunschtraums. So scheint es letztlich nur konsequent, dass Coky Giedroycs Verfilmung Drehbuchautor Tim Firths gleichnamigen Musicals mit den Songs von Take That hinter dem fröhlichen Mix aus Fantasy und Fandom immer wieder ihren kleingeistigen Konservativismus durchscheinen lässt. Das Ergebnis ist prätentiöser Pop-Paternalismus, der sich schon in der Prämisse verrät.
Die Konstellation der Clique im Mittelpunkt der zwischen Gegenwart und Rückblenden in die 90er pendelnden Handlung präsentiert die fünfköpfige Boy-Group, für die Rachel (Aisling Bea), Claire (Jayde Adams), Zoe (Amaka Okafor), Heather (Alice Lowe) und Debbie schwärmen, als einen Rassismus, Xenophobie, Klassismus und Homophobie überwindenden Stabilitätsfaktor für junge Mädchen. Letzte imaginiert die von holprigen TT-Tanznummern begleitet Handlung als kichernde, kreischende Karikaturen, deren Style so wenig zur Handlungszeit passt wie sie selbst zu ihren erwachsenen Gegenstücken.
Übereinstimmend wirkt dafür die Unglaubwürdigkeit der Freundschaft, die Rachel nach 25 Jahren Funkstille anlässlich eines Reunion-Konzerts der Boys wieder auffrischt. Das Unglück, das die Protagonistinnen damals trennte, ist nicht das einzige vorhersehbare Konstrukt der faden Story. Die spielt nicht nur die Hits der nie als TT identifizierten Boys nicht nur andauernd, sondern bündelt deren Eigenschaften: seicht, sentimental, generisch, auf maximalen Massenappeal getrimmt und hinter der Fassade jugendlicher Modernität voll verstaubter Wertvorstellungen, chauvinistischer Klischees und Prüderie.
Offenbar hatten sogar die Produzenten so wenig Vertrauen in Coky Giedroycs Leinwand-Fassung des ursprünglich The Band betitelten Musicals, dass sie eine Musiknummer als EasyJet-Werbeclip verkauften. Verständlich, denn der ungelenke Mix aus Teenie-Tanzfilm, Midlife-Romanze und Buddy-Comedy funktioniert auf keiner Ebene. Die phantasielose Story trieft vor latentem Sexismus und verklemmter Moral, die Charaktere sind realitätsferne Zerrbilder und in junger und alter Version gleichermaßen unsympathisch. Den Choreographien fehlt Dynamik und der Soundtrack ist – diplomatisch ausgedrückt – Geschmacksache.
- OT: Greatest Days
- Director: Coky Giedroyc
- Screenplay: Tim Firth
- Country: UK
- Year: 2023
- Running Time: 112 min.
- Cast: Aisling Bea, Alice Lowe, Matthew McNulty, Emma Amos, Lara McDonnell, Ziggy Heath, Isabelle Bernardo, Marc Wootton, Amaka Okafor, Jayde Adams, Manolia Nannou, Emmet Byrne, Alfredo Tavares, Eliza Dobson, Leonardo Thimo, Barry O’Connor
- Image © Capelight Pictures