Erinnert sich noch jemand an Jeff Wadlows Horror-Thriller Imaginary, der einige Wochen vor John Krasinskis Fantasy-Familienfilm mit eher bescheidenem Erfolg versuchte, die unheimliche Seite des gemeinsamen Motivs imaginärer Freunde zu kommerzialisieren? IF generiert nun den Grusel, den die vorangehende Bearbeitung des Titel-Themas nicht zustande brachte. Das allerdings geschieht nur unfreiwillig durch die exzessive Emotionalität und merkantile Manipulativität der mit einem ganzen Arsenal sogenannter IFs aufwartenden Story. Deren Aussagen sind ebenso vorhersehbar, wie verlogen und fragwürdig.
Das beginnt schon mit beiläufigen Bemerkungen des neurotischen Nachbarn (Ryan Reynolds), den die um die Gesundheit ihres herzkranken Vaters besorgte Halbwaise Bea (Cailey Fleming) während eines Aufenthalts bei ihrer Großmutter (Fiona Shaw) antrifft. Fast alle Kinder hätten eingebildete Freunde wie seine Mitbewohner Blossom (Sprecherin: Phoebe Waller-Bridge) und Blue (Steve Carell), die Bea aus ungeklärten Gründen sehen kann, heißt es. Tatsächlich erfinden weniger als ein Drittel Phantasie-Gefährten, die zwar nicht pathologisch sind, aber durchaus ambivalent.
Doch gerade diese psychologische Vielschichtigkeit ignoriert der seicht-sentimentale Plot zugunsten eines lapidaren Loblieds auf eine Phantasie, die der ideenarmen Inszenierung auf mehreren Ebenen mangelt. Nicht nur Monsters, Inc. Blue und A Bug‘s Life Blossom sind überdeutlich Wiedergänger prominenterer CGI- und Cartoon-Charaktere. Auch die übrigen von „ihren“ Kindern vergessenen IFs, die Bea in einem surrealen Seniorenheim antrifft, verdanken jegliche Originalität dem prominenten Voice-Cast. Selbiger bleibt die einzige Stärke des austauschbaren Abenteuers voll gefaxter Gefühlsduselei.
Die homogene Hochglanz-Optik und simplizistische Story bieten einen passend phantasiearmen Retorten-Rahmen für die Schar CGI-animierter Titelfiguren, die mehr an Merchandising-Maskottchen erinnern als Erfindungen ungehemmter kindlicher Einbildungskraft. Letzte ist auffällig abwesend in John Krasinskis derivativer Inszenierung, die sich weder für die kreativen noch die symbolischen Möglichkeiten ihres zentralen Konstrukts interessiert. Das elitäre Handlungsmilieu, in dem Diversität nur tokenhafte Randfiguren repräsentieren, und abgegriffene narrative Muster unterstreichen die kitschige Konformität, die selbst der beachtliche Voice-Cast nicht ausgleichen kann.
- OT: IF
- Director: John Krasinski
- Screenplay: John Krasinski
- Year: 2024
- Distribution | Production © Paramount Pictures