Hat Frédéric Farrucci James Fenimore Coopers angestaubte Abenteuer-Romanze jemals gelesen? Oder wenigstens irgendwann mal deren jüngste Verfilmung von Michael Mann geguckt? Zweite ist zwar nicht sonderlich werktreu, geschweige denn historisch korrekt, aber immerhin unterhaltsamer als der überkonstruierte Korsika-Krimi, den der Regisseur und Drehbuchautor nach deren Titelcharakter benennt. Die aberwitzige Assoziation ist indes nicht der befremdlichste des pastoralen Plots. Dessen interessanter Aspekt ist noch der Schauplatz, der in jüngster Zeit ins Auge Filmschaffender zu rücken scheint.
Der Kontrast landschaftlicher Idylle und gewaltvoller Geschichte fließt allerdings weder visuell noch narrativ in die schematische Story, die ein typisches David gegen Goliath Szenario reanimiert. Der einfache Ziegenhirte Joseph (Alexis Manenti) lebt als einer der letzten seines Metiers die Tradition seiner Vorväter voll Herzblut. Doch das mischt sich mit echtem Blut, ausgerechnet dem des Sohnes eines Mafia-Bosses (Dominique Colombani). Der will Josephs Land für ein Immobilienprojekt kaufen, was der natürlich ablehnt – und so zum Gejagten wird.
Dass Joseph einen bewaffneten Mafia-Erben offenbar mit bloßen Händen erledigt, die Handlanger der Unterwelt ihn auf dem überschaubaren Handlungsort nicht finden, die Straffälligkeit Josephs Tat kaum relevant scheint und der Boss Baddie den Flüchtigen zu fürchten beginnt, ist alles zusammengenommen noch glaubwürdiger als Josephs rasanter Aufstieg zu einer Art Volkshelden. Den initiiert seine Nichte Vanina (Mara Taquin) mit einer Handvoll Social Media Posts (#lederniermohican) auf einer Plattform, so konservativ und konfus ist wie die Inszenierung.
Feiert in Frédéric Farruccis absurder Hirten-Hetzjagd schließlich ein Mural ähnlich einer bizarren Banksy-Imitation den wenig heroischen Hauptcharakter, hat sich das Ansehen ob der unfreiwilligen Komik fast wieder gelohnt. Fast, denn der fade Aufguss gestriger Genre-Klischees – Kleinunternehmer gegen Konglomerat, tugendsamer Traditionalismus gegen korrupten Wandel – liefert Schauspiel und Settings auf dem Niveau einer Vorabend-Serie von jemandem, dem die Enkel gerade X erklärt haben. Die ambivalente Medien-Macht ist dem pseudorelevanten Narrativ dabei ebenso gleichgültig wie Korsikas kriminelle Konflikte.
- OT: Le Mohican
- Director: Frédéric Farrucci
- Screenplay: Frédéric Farrucci
- Year: 2024
- Distribution | Production © Koro Films