„Hier geschieht nie etwas“, kommentiert der pragmatische Vorgesetzte der tollpatschigen Protagonistin Miia Tervos launigen Lappland-Ausflugs. Für den gilt auf dramatischer Ebene das Gleiche, was keineswegs so erwartbar ist, wie es der den nichtssagenden deutschen Verleih-Titel gebende Schauplatz erwarten lässt. Die Regisseurin und Drehbuchautorin verankert ihren zweiten Spielfilm nämlich im Jahr 1984 – mutmaßlich dem einzigen, in dem verschlafenen Ort nahe des Inarijärvi einmal etwas passierte. Der Absturz einer russischen Rakete machte die Handlungsgegend kurzfristig zum Medien-Magneten.
Doch der Presse-Zirkus, der nicht nur die Speisekarten örtlicher Gaststätten veränderte („Raketen-Forelle“ und entsprechende Donuts sind angeblich keine filmische Fiktion), sind dem zotigen Zeitbild so egal wie das weit weniger amüsante Szenario eines Atomkriegs. Der Vorfall und seine Implikationen dienen der skurrilen Soap lediglich als militärischer McGuffin und selbst der bringt weder Tempo noch Dynamik in die scheinfeministische Story. Die folgt der zweifachen Mutter Niina (Oona Airola), die ihre Schulden beim Lokal-Redakteur mit Recherche abstottert.
Natürlich verfolgt Niina die Raketen-Story, die nicht nur ihrem auf Feel-Good-Nachrichten fixierter Chef widerstrebt. Das Bestreben eines dubiosen Militärs (Tommi Korpela), die hartnäckige Heldin zum Schweigen zu bringen, und das demonstrative Desinteresse der Anwohnenden steht in auffälliger Analogie zur inszenatorischen Marginalisierung der Ereignisse. Die fungieren als paternalistische Parallele zu Niinas emotionaler Abhängigkeit von ihrem gewaltigen Ex-Mann Taiko (Tommi Eronen). Doch die Emanzipationsbotschaft bleibt aus wie zuvor auf die Medien-Satire. Stattdessen gibt es Victim Blaming und Vulgarismen.
Der erfolgreichste Artikel der örtlichen Zeitung handele davon, wie ein Anwohner beim Eisangeln einen Strumpf verlor, heißt es in Miia Tervos grotesker Geschichtslektion. Deren parodistisches und politisches Potenzial ersticken indes familiäre Flach- und Fäkalhumor. Das exzentrische Ensemble verkörpert statt Individuen eindimensionale Typen, die der holprige Plot wie wandelnde Witze behandelt. Nach diesem Muster ist auch der gezielt hässliche 80er-Look mehr hämisch als herzerwärmend – genau wie die misogyne Moral, die Gewaltopfer für das erlittene verantwortlich macht.
- OT: Ohjus
- Director: Miia Tervo
- Screenplay: Miia Tervo
- Year: 2024
- Distribution | Production © Neue Visionen Filmverleih