„Sie müssen kämpfen“, erklärt Barbe-Nicole Clicquot Ponsardin (Haley Bennett) in einer der zahlreichen Szenen Thomas Nappers hermetischen Historiendramas, in denen die Erbin des gleichnamigen Weinguts zugleich über die Reben und sich selbst spricht. „Wenn sie ums Überleben kämpfen, verlassen sie sich mehr auf ihre eigene Stärke. Sie werden mehr, wozu sie bestimmt sind.“ Im Falle der Gattin des früh verstorbenen Winzers François (Tom Sturridge) ist das eine finanziell und familiär unabhängige Unternehmerin in der Napoleonischen Ära.
In jener die wenigen Frauen zustehenden Rechte rigoros beschneidenden Zeit war die juristische Grauzone der Witwenschaft ein Glücksfall, gerade für die professionelle Protagonistin. Sie ist umgeben von ihre wirtschaftliche und winzerische Kompetenz unterschätzenden Männern – einer davon der Regisseur, der Barbe-Nicoles arrangierte Ehe zur Liebesheirat verklärt, ihre Innovationen verschweigt und ihre Expertise Liebe zu und Lernen von brillanten Männern zuschreibt. So folgt das in lokalem und psychologischen Fokus gleichsam beschränkte Kostümdrama dem Vorbild zahlreicher Biopics weiblicher Persönlichkeiten.
Deren Errungenschaften werden unter dem Vorwand, sie anzuerkennen, tatsächlich geschmälert. So auch die der ausschließlich als attraktive junge Frau gezeigten Hauptfigur. Dass sie technische und önologischen Neuerungen einführte, die bis heute gültige Standards setzten, verrät lediglich ein Epilog. Einzig Bennetts entschlossenes Schauspiel erweckt eine Ahnung der Intelligenz einer sowohl ihrer bewundernswerten als auch problematischen Eigenschaften beraubten Heldin. In ewige Trauerkleidung gehüllt ist sie in den düsteren Kulissen auch visuell nur ein Schatten ihre realen Vorbilds.
Barbe-Nicole Clicquot Ponsardin war eine Frau, die sich in einer Ära radikaler Repression an die Spitze eines maroden Unternehmens stellte, dieses durch gewagte kommerzieller Manöver und Neuerungen zu globaler Größe führte und Champagner seinen modernen Status gab. Nichts davon zeigt Thomas Nappers Tilar J. Mazzeos gleichnamiger Biografie basierendes Jugendporträt. Dessen in fahlen Farben und dunklen Szenenbildern schwelgende Inszenierung ist weniger weinkundige Würdigung der Titelfigur als Requiem deren Gattens. Eine filmisch frustrierende, inhaltlich fragwürdige Interpretation des Labels.
- OT: Widow Clicquot
- Director: Thomas Napper
- Screenplay: Christopher Monger, Erin Dignam, Tilar J. Mazzeo
- Year: 2024
- Distribution | Production © capelight pictures