Dass Patryk Vega sich als Hauptfigur seines jüngsten Werks den russischen Staatschef aussuchte, scheint nur konsequent. Irgendwie muss Polens sensationsverliebte Skandal-Filmemacher, der erst kürzlich der heimischen Filmindustrie den Rücken kehrte, um fortan ausschließlich in den USA zu drehen, ja Aufmerksamkeit generieren. Nachdem seine Seminare-biografische Selbstverklärung Invisible War davon nur wenig erhielt, zieht sein brachiales Biopik nun alle Register. So begegnet das Publikum Vladimir Putin (Slawomir Sobala) eingeschult in seiner eigenen Scheiße. Nicht, weil Vega mit den Baby-Jahren des zukünftigen Diktators anfängt, sondern weil das vermutlich der provokanteste Prolog war, der ihm einfiel. Analytisch erinnert das an den Witz, dass Hitler nur einen Hoden gehabt hätte.
Angefangen bei Boris Jelzin werden so diverse russische Staatsmänner erniedrigend entblößt. Historisches Gehalt existiert so wenig wie charakterliches. Ein Einblick in die demagogischen Denkprozesse des perfiden Politikers kommt nichtmal zufällig zustande. Vega schwelgt in seiner charakteristischen pseudo-psychologischen Polemik. Hinter der zeigt sich eine von Machismo und Misogynie geprägte Megalomanie, deren auffällige Analogie zum größenwahnsinnigen Gebaren Putins, mit dem Vega scheinbar sympathisiert. Sein unangenehmes Sympathisieren mit seinem Protagonisten erklärt. Selbst Uwe Boll ist im Vergleich dazu noch subtil und sensibel, vor allem aber technisch versiert. Die synthetische Optik der AI-generierten Szenarien maximiert den toxischen Trash-Faktor der schauspielerisch und stilistisch unterirdischen Kommerz-Kalkulation.
Es gibt Filme, die sind so schlecht, dass sie schon wieder gut sind. Patryk Vegas Oeuvre hingegen fällt in eine eigenen Kategorie: Filme, die handwerklich, dramaturgisch, inhaltlich und ideologisch immer neue Tiefen ausloten, ohne dabei in irgendeiner Form unterhaltsam zu sein. Schon das Attribut “erträglich” wäre in diesem Kontext ein inszenatorischer Meilenstein, den die pseudo-provokante Ikonographie des russischen Staatsoberhaupts jedoch nicht erreicht. Die Deep-Fake Maskerade ist genau wie der synthetische CGI-Look naht mehr als ein geldsparendes Gimmick mit dem praktischen Pluspunkt, schauspielerisches Unvermögen und schäbige Sets zu kaschieren. Dass die politischen Positionen so krude wirken wie die Produktion, scheint da konsequent.
- OT: Putin
- Director: Patryk Vega
- Screenplay: Patryk Vega
- Year: 2024
- Distribution | Production © Kinostar