Wenn man ein Beispiel für einen quintessenziellen Sundance-Film sucht, dann wäre das Kate Beecrofts semi-biografisches Spielfilm-Regiedebüt. Das mag wie ein positives Tribut klingen, aber die Künstlichkeit und Kalkulation, die das Szenario ausstrahlt, führen ernüchternd deutlich vor Augen, dass die Akkumulation charakteristischer Stilmittel und Themen noch lange keinen überzeugenden Film erschafft. Wie die Manifestation eines Klischees wirkt bereits der Handlungsschauplatz in den endlosen Weiten South Dakotas, wo Wild West Ideale noch lebendig scheinen.
In der malerischen Naturkulisse liegt der winzige Titelort, zu dem es die Regisseurin vor einigen Jahren angeblich verschlug. Auf einer alten Farm traf sie in Tabatha Zimiga und ihrer jugendlichen Tochter Porshia die Hauptfiguren ihrer ersten Regiearbeit. Jene übernimmt ihre intuitive Handkamera-Ästhetik und die Motive von Freiheitssuche, Trauer und innerem Zwiespalt von genreverwandten Werken wie The Rider. Die Poesie und Hintergründigkeit Chloe Zhaos scheint indes meilenweit weg von dem konstruierten Familiendrama, dessen Konflikte nie richtig zünden.
Auf ihrem weitläufigen Grundstück kümmert sich die als fiktive Version Zimigas angelegte Tabby um eine wild zusammengewürfelte Schar vernachlässigter Kinder und Pferde. Angelegt als Analogie zueinander, enthüllen die ungestümen Tiere und jungen Menschen unter Tabbys liebevoller Führung verborgene Talente. Trotzdem reicht das Geld für die Protagonistin, ihren Partner Clay (Clay Pateneaude) und die Kinderschar kaum zum Leben. Ein Angebot des ambitionierten Unternehmers Roy Waters (Scoot McNairy) verspricht ein Ende der finanziellen Sorgen – und ihrer Unabhängigkeit.
Die starke Präsenz Zimigas und ihrer realen Tochter Porshia sowie das herbe Schauspiel der bewährten Nebendarstellenden kaschieren die strukturellen Schwächen der kargen Handlung. Jene wirkt mehr wie eine lose Abfolge von Miniatur-Dramen, in denen sich Schauplatz, Figuren und Motive wiederholen, als eine in sich geschlossene Geschichte. Der Nimbus der emotionalen Wahrhaftigkeit unmittelbar aus dem Leben gegriffener Ereignisse steht in befremdlichen Widerspruch zu den melodramatischen Klischees, in die Kate Beecrofts Regiedebüt immer wieder verfällt. Das Resultat atmet mehr Hollywood-Hochglanz als Independent-Charme.
- OT: East of Wall
- Director: Kate Beecroft
- Screenplay: Kate Beecroft
- Year: 2024
- Distribution | Production © OBSCURED PICTURES