Vielleicht braucht es einen Abstecher nach Norwegen, um den Hype um den von Terje Formoe gerufenen Titelcharakter Are Austnes, Yaprak Moralis und Rasmus A. Sivertsens generischen Animationsabenteuers zu verstehen. Komponist, Schauspieler und Autor Formoe schuf den Piratenkapitän, der mit seinen üppigen schwarzen Locken und Rauschebart an Blackbeard erinnert, Anfang der 90er Jahre. Das Originellste an dem arg braven Schrecken der Meere und seine tollkühne Crew des Piratenschiffs Black Lady ist noch, dass sein kometenhafter Aufstieg beim Kinderpublikum auf der Bühne begann.
Inzwischen gibt es ein Dutzend Theaterstücke und vor dem jüngsten Filmausflug bereits sieben Leinwand-Raubzüge. Die teils animierten, teils als Realfilm umgesetzten Werke machten allesamt fette Beute an den Kinokassen. Der 2019 erschienene Captain Sabertooth and the Magic Diamond war gar der bis dato teuerste Kinderfilm Norwegens, wo er erwartungsgemäß sämtliche Kassenrekorde brach. International ist das Franchise indes praktisch unbekannt. Daran wird der konventionelle Kinderfilm, den das Regie-Trio augenscheinlich streng nach Vorgabe und ohne jeden individuellen Touch abliefert, wohl kaum etwas ändern.
Die harmlose Handlung ist schematisch, konventionell und übervoll mit von besseren Werken stibitzten Ideen. Die kindlichen Crew-Mitglieder Pinky (Stimme: David Leander Helgor) und Raven (Sienna Rosie Schei) müssen freundschaftlichen Zusammenhalt beweisen, als Pinky von der ruchlosen Sibylla (Lisa Stokke) entführt wird. Allerdings scheinen die anderen Piraten besorgter um die Galionsfigur, die ebenfalls gekapert wurde. Mit Sibylla wird die einzige Figur, die sich ansatzweise piratenmäßig verhält, zur Schurkin. Derlei verkappter Moralismus, vermischt mit einer Portion Invasionsangst durchzieht das visuell und dramatisch gleichermaßen biedere Kinderkino.
Piraten gehen immer. Und wenn noch ein Drache dabei ist, umso besser. Unter diesem Gesichtspunkt wird auch der achte Kinoauftritt Norwegens enorm populären Piraten und seiner Mannschaft wie die filmischen Vorgänger ein garantierter Kassenerfolg. Stilistisch hält sich das bunte Fantasy-Szenario dicht an die Vorlage. Keinerlei düstere oder traurige Momente, keine Gewalt, klar unterteilte Gut-Böse-Schemata und ein plakativer Humor, der sich ausschließlich an das kindliche Publikum wendet. Ironie, Gegenwartsbezüge, erwachsene Gags – nichts davon existiert in dem sauber spießigen Seeräuber-Spektakel.
- OT: Kaptein Sabeltann og Grevinnen av Gral
- Director: Are Austnes, Yaprak Morali, Rasmus A. Sivertsen
- Year: 2025