Seiner Heimatstadt Lissabon und seinem jungen Protagonisten – und augenscheinlich auch semi-fiktionalem Alter Ego – Nicolau widmete João Rosas bereits der Kurzfilme. In Entrecampo von 2013 erkundete der kindliche Protagonist Lissabon. In Maria do Mar entdeckte er zwei Jahre später romantische Gefühle für ein schier unerreichbares Mädchen. Im letzten Teil der losen Trilogie suchte der jugendliche Hauptcharakter nach der Richtung, die er in seine Zukunft einschlagen will. Die hat er fünf Jahre später, als das Spielfilm-Debüt des portugiesischen Filmemachers ansetzt, immer noch nicht gefunden.
Nicolau, erneut mit unbefangener Vitalität von Francisco Melo verkörpert, wohnt mit 24 noch bei seinen Eltern, trauert seiner Ex Maria hinterher und arbeite halbherzig an einer Karriere als Musiker. Die Band eines Kumpels, in der er als Bassist spielt, kriegt kaum ihr erstes Album zusammen. Doch diese Antriebslosigkeit kommt ihm im Grunde entgegen. Er schlendert durch die sonnige Stadt, die erneut eine tragende Rolle spielt, trifft alte Bekannte und lernt neue Menschen kennen. Unter zweiten findet sich natürlich eine neue Liebschaft.
Eine Szene, in der Nicolau mitten im Sommer im Weihnachtsmann-Kostüm für einen Buchladen Reklame machen soll, zeigt exemplarisch den biederen Witz des pittoresken Potpourris alltäglicher Vignetten. Letzte prägen naiver Optimismus, privilegiertes Phlegma und gedankenverlorene Genügsamkeit. Die Dilemmata Nicolaus und seines Freundeskreises sind ausnahmslos Wohlstandsprobleme. Arbeitsstress, Geldsorgen, Existenzängste – nichts davon existiert in der Filmwelt. Die verspielten Kameraaufnahmen beobachten die jungen Menschen in ihrem sorgenbefreiten Dasein und verweilt stets länger als notwendig. Immerhin Rosas ist spürbar vernarrt in dieses Postkartenszenario vornehmer Langweile.
In Kurzform waren die schlendernden Schritte des fiktiven Alter Egos, dem João Rosas nach drei Kurzfilmen nun seine erste Langfilm-Arbeit widmet, noch einigermaßen charmant. Doch bei einer Laufzeit von gut 100 Minuten zeigen sich überdeutlich die Defizite dieses narrativen Kosmos, von dem der Regisseur und Drehbuchautor sich nicht lösen will. Ohne Momentum, Dramatik und Spannungsbogen verliert sich der Plot im anekdotischen. Die Inszenierung wirkt so selbstvergessen wie ihr Hauptcharakter. Dessen Privilegien werden ebenso wenig kritisch reflektiert wie das bildungsbürgerliche Milieu, über dessen Rand die Story nie hinausblicken. Musik, Setting und Ästhetik haben die dekorative Leichtigkeit einer Nachmittagsserie. An eine solche erinnert auch das vage offene Ende. Hoffentlich ein absolutes.
- OT: A Vida Luminosa
- Director: João Rosas
- Year: 2025