A fleeting dream before eternal rest/which itself, eternal though it may seem, is but a prelude to another dream.” Diese Zeile aus einem der knappen Gedichte, die Miro Remos tragikomisches Doku-Drama aus dem Off in fließende Kapitel teilen, gäbe eine passende Beschreibung dessen Sujets. Der slowakische Regisseur vermischt dokumentarische Observation und Reality-Drama zu einem bitter-süßen Beziehungsbild zweier Brüder. Die Zwillinge František and Ondřej Klišík haben ihr ganzes Leben auf dem gemeinsamen Hof tief in den Wäldern des Šumava Gebirges verbracht.
Ihr unverbrüchliches Band wird auf die Probe gestellt durch Františeks Sehnsucht nach der Welt jenseits ihres abgeschiedenen Mikrokosmos. Ondřej hingegen hängt an der Routine und seinem Bruder, den er nicht ziehen lassen will. Der Konflikt tritt indes er spät in die nur knapp unter 80 Minuten lange Handlung, die den liebevoll ruppigen Rapport der Brüder und ihre ursprüngliche Lebensweise begleitet. Was nach beschwerlicher Arbeit und geregeltem Pflichtprogramm klingt, macht das sprühende Temperament der kauzigen Charaktere zur selbstironischen Symphonie – auch im musikalischen Sinn.
Orchestrale Kompositionen bilden die amüsant kontrastierende Klangkulisse zum trivialen Tagwerk der Brüder. Sie melken, käsen und schlachten selbst in ihrem urigen Anwesen, das ohne modernen Komfort und technische Neuerungen genauso wie sie aus der Zeit gefallen scheint. Dennoch ist ihnen die technologisierte Gegenwart keineswegs fremd oder allzu fern. Das zeigt ein Notarzt-Einsatz mit Helikopter, der František nach einem Stierangriff versorgen muss. Die Episode bleibt indes so fragmentiert und undramatisch wie der unterliegende Konflikt der Protagonisten.
Ganz versunken in seine filmische Welt, greift der Regisseur inszenatorische Ideen auf und verwirft sie willkürlich. So liefern zu Beginn augenscheinlich die Nutztiere der Brüder einen märchenhaften Hintergrundkommentar. Tiefschürfende Fragen danach, was ein erfülltes Leben ausmacht, wann familiäre Bande zu Fesseln werden, und ob Liebe Festhalten oder Loslassen bedeutet, werden beiläufig aufgeworfen, aber nie ergründet. Gleichsam sind die Bilder ein Potpourri aus Gefundenem und Gestelltem – ein Menschenkopf zwischen Kohlköpfen, ein gemäldegleicher Katzenschatten – bei dem nie klar ist, wer was gestellt hat.
Verve und Witz der ergrauten Protagonisten, deren Trennungsfrage im Schatten der unvermeidlichen Trennung durch den Tod steht, verleihen Miro Remos novelleksem Doku-Drama seinen kauzigen Charme. Angelehnt an Motive aus Aleš Palán und Jan Šibíks Roman gleichen Titels, verleiht der Regisseur dem ländlichen Leben der Zwillingsbrüder durch pointierte Stilmittel ein melodramatisches Air. Trotz der narrativen Statik entsteht ein überraschend temporeiches Szenario, visuell und verbal gewitzt, das nachdenkliche Nuancen in den komödiantische Grundton mischt. Poesie und Philosophie sind dabei kaum mehr als spielerische Staffage.
- OT: Better Go Mad in the Wild
- Director: Miro Remo
- Year: 2025