Der Titel Fabrice Aragnos formalistischen Doku-Dramas stellt das Gewässer, über dessen spiegelnde Oberfläche die Kamera in stilisierten Szenen gleitet, in den Mittelpunkt der glattgebügelten Inszenierung. Doch um die Natur oder deren Bezwingen geht es ebenso wenig wie um sportliche Höchstleistungen oder Abenteuer. Vielmehr ist die Segel-Regatta, an der die von Clotilde Courau und dem erfahrenen Hochseesegler Bernard Stamm verkörperten Hauptfiguren teilnehmen, vor allem eine soziale Status-Performance. Integraler Teil davon ist Aragnos Doku-Drama, das der materialistischen Mythologisierung einen Anstrich von Authentizität und Arthouse-Ästhetik verleiht.
Oszillierend zwischen selektiver Beobachtung und Realaufnahmen ignoriert die gediegene Mischung aus Fiktion und Dokumentation die logistischen und organisatorischen Aspekte der Regatta, an der Anna (Courau) und Vincent (Stamm) teilnehmen. Die elitären Strukturen und exklusiven Mechanismen, bei denen finanzielle Aspekte mindestens ebenso wichtig, wenn nicht noch wichtiger, sind wie sportliche Leistungen, bleiben unsichtbar. Das Gleiche gilt für die demographische Zusammensetzung, die Selbstkosten-Investition oder überhaupt die Bedingungen der mehrtägigen Regatta. Die strategische Reduktion und Negation essenzieller Informationen erhebt die ikonographische Inszenierung geschickt zum Stilmittel.
Eine Handlung im eigentlichen Sinne existiert nicht. Narrative oder psychologische Entwicklung finden nicht statt. Die Charaktere, die ein ums andere Mal gleich lebenden Bugfiguren dem Horizont entgegenblicken, erscheinen von Anfang an als majestätische Ideale. Nicht nur dadurch werden physische und psychologische Herausforderungen der Überfahrt niemals greifbar. Anstrengung, Müdigkeit oder Unsicherheit sind den Figuren niemals anzumerken. Leidenschaft, sei es für den Sport, die Technik oder die Natur, wird nie deutlich. Das Unterfangen wird zum stilisierten Schaustück, eingefangen mit dichter Klanglandschaft, in der Sprache nachrangig ist.
Stattdessen dominieren Geräusche des Windes, des Wassers und Rufe von Seevögeln. Diese akustische Zurückhaltung unterstreicht den Eindruck von Loslösung und Mystik. Die Kamera beobachtet mit großer Zurückhaltung, verweilt auf Wasseroberflächen, Wolkenbewegungen, dem Rhythmus von Wind und Segel. Der See fungiert nicht nur als geografischer, sondern auch als ästhetischer und philosophischer Raum. Die Reduktion auf elementare Eindrücke wie Licht, Wetter, Klang verlagert die Bedeutung vom Geschehen hin zum Zustand. Eine wirkliche Auseinandersetzung mit Zeit, Raum und Wahrnehmung vernachlässigen die schwelgerischen Ansichten indes zugunsten fader Behauptung.
In konsequent kontemplativem Bildsprache entwirft Fabrice Aragno ein pathetisches Panorama elitärer Erhabenheit. Das Verhältnis zwischen Mensch und Natur wird dabei nicht sachlich betrachtet, sondern mit Kunst handwerklicher Kompetenz zum Image-Faktor instrumentalisiert. Körperliche Beanspruchung, Wetterumschwünge und maschinelle Herausforderungen bleiben seltsam spannungslos. Die seltsame Künstlichkeit des Projekts, dessen glatte Optik a die Bilderstrecke eines Sport-Magazins erinnert, unterstreicht die fehlende Chemie der Darstellenden, die psychologisch dumpfe Projektionsflächen bleiben. Aragnos visuell durchdachtes Experiment an der Grenze zwischen Fiktion und Dokumentation ist technisch versiert, doch inhaltlich ernüchternd substanzarm.
- OT: Le Lac
- Director: Fabrice Aragno
- Year: 2025