Mit seinem unentschlossenen Mix aus Elitekritik, Horror und Becketschem Surrealismus wirkt Ion De Sosas bipolare Fantasy-Parabel wie das Resultat einer Binge Watching Session von Frank Perrys The Swimmer, Bunuels Der Würgeengel und der obskuren Creepshow 2 Episode The Raft. Der in zwei narrativ geteilte, doch durch übersinnliche Elemente verbundene Akte geteilte Plot versteht sich unübersehbar als allegorische Auseinandersetzung mit gesellschaftlicher Spaltung durch Vermögen, Alter und Status. Diese Kriterien unterscheiden die beiden Gruppen, die in den jeweiligen Handlungssegmenten auf unterschiedliche Art in Bedrängnis geraten.
Die Handlung beginnt mit einer Gruppe jugendlicher Eindringlinge, die an einem Sommertag unerlaubt ein luxuriöses Anwesen betreten, um dort ein Bad im Swimmingpool zu nehmen. Der ausgelassene Spaß findet ein abruptes Ende, als drei aggressive Hunde scheinbar aus dem Nichts auftauchen. Die Tiere verletzen eines der drei Mädchen der vierköpfigen Clique schwer und kesseln sie mit den anderen im Pool ein. Dieses Horror-Szenario, das seine Wendung von junger Unbeschwertheit zu blutigem Schrecken mit der stereotypen Plakativität eines Straight-to-VoD-Slashers aufzieht, wechselt abrupt zu einem elitären Sittenstück.
Mutmaßlich im gleichen Viertel auf einem deren Grundstück feiern die Hausbesitzenden den mit ähnlich gediegenen Gästen den Tag vor der Johannisnacht mit Paella-Essen, wie es in Spanien Brauch ist. Das traditionelle Gericht ist nicht der einzige Verweis auf die abergläubischen Facetten des Feiertags. Dessen Rituale kreisen auch um Wasser, von dessen spirituell reinigenden Kräften sogar Haus- und Nutztiere profitieren sollen. Zudem ergänzt die historische Verdrängung heidnischer Riten durch christliche Tradition die zweigliedrigen Gegensatz-Konstellationen des Szenarios. Jenes entwickelt sich indes weder in soziologische oder psychologische Tiefe, noch irgendwie weiter.
Die Figuren im ersten Akt dümpeln im Pool, die im zweiten Akt trinken, essen und betreiben Small Talk. Nur den Pool meiden sie, nachdem einer der Gäste dort merkwürdige Beklemmungen erfährt. Nicht nur hier kippt das symbollastige Szenario in unfreiwillige Komik. So zeigt die angebrannte Kruste auf dem Boden der Reispfanne der reichen Feiernden die schreckverzerrten Gesichter der vier Jugendlichen. Dass letzte der Arbeiterklasse angehören sollen, verraten Platte Erker-Dialoge, die von authentischer Unterhaltung so weit entfernt sind wie der phlegmatische Plot von Suspense und effektiver Satire.
Bei knapp 75 Minuten Laufzeit bliebe Ion De Sosa reichlich Zeit, das bruchstückhafte Klassenkonstrukt seiner unausgegorenen Mischung aus symbolistischer Sozialskizze und Genre-Kino auszubauen. Stattdessen versackt die paternalistische Parabel in wichtigtuerischer Wiederholung. Immerhin liefern Cris Neiras lichte Kamerabilder, deren glatte Ästhetik im einem Werbefilm ähnelt, und nonchalante Atmosphäre einen interessanten Kontrast zum surrealen Grauen des ersten Parts. Doch dieser Reiz verpufft rasch. Das fade Schauspiel unterstreicht die analytische Seichtheit. Für die eigene Privilegierung ist das selbstgefällige Message-Movie ebenso blind wie für die Spezifika sozialstruktureller Schismen.
- OT: Balearic
- Director: Ion de Sosa
- Year: 2025