Dass Andrea Di Stefanos schablonenhafter Sportfilm sich wie ein überlanges Déjà-vu anfühlt, liegt nicht nur an seiner Premiere-Platzierung auf den Filmfestspielen von Venedig. Dort lief vor zwei Jahren Bradley Coopers Gershwin-Biopic nahezu identischen Titels – allerdings im Wettbewerb, statt wie Di Stefanos Werk außer Konkurrenz. Womöglich um Verwechslungen zu vermeiden, lautet der internationale Titel “My Tennis Maestro”was wesentlich passender scheint. Zum einen klingt die italienisch-englische Wortkombination schematisch und ungelenk wie der dramaturgische Mix aus Comedy, Coming-of-Age und Tennis-Training, zum anderen geht es in der Standard-Story vor allem um Pierfrancesco Favinos Titelcharakter.
Raul „The Cat“ Gatti ist in dem Anfang der 80er angelegten Szenario ein abgehalfterter Ex-Tennis-Champion mit Hang zu Alkohol, Affären und Abstürzen und einem Gelegenheitsjob als prestigeträchtiger Trainer für Kids wohlhabender Eltern. Eines davon ist der 13-jährige Felice (Tiziano Menichelli), der bisher von seinem Vater ausschließlich mit angelesenen Tennis-Kenntnissen trainiert wurde. Dass er es trotzdem auf Nationaleben geschafft hat, ist eines der unglaubwürdigen Konstrukte eines aus dramaturgischen Versatzstücken zusammengesetzten Plots. Darin ist Sport ebenso funktional wie der junge Protagonist, der augenscheinlich nicht aus Begeisterung spielt, sondern aufgrund der Erwartungshaltungen seines Vaters.
Letzter hat sämtliche Urlaubsersparnisse der Familie für Gattis Honorar ausgegeben – „für die Zukunft“ seines Sohnes. Die Zukunft Felices Schwester ist offenbar egal, genau wie die Meinung der Mutter. Beider Entrüstung wird hämisch als weibliche Ahnungslosigkeit und Ambitionslosigkeit abgetan. In solchen Szenen zeigt sich schon der selbstgefällige Chauvinismus der platten Interpretation des Mentoren-Motivs. Gatti macht aus dem ruhigen Felice vermeintlich einen „richtigen Kerl“, indem er ihn animiert, sein Sporttalent zu nutzen, um Frauen anzubaggern. Felices Äußerung, er interessiere sich nicht für Mädchen, lässt Raum für Interpretation, doch das mechanische Drehbuch übergeht jede Charakterentwicklung oder -vertiefung.
Untermalt von nervigem Retro-Pop-Soundtrack touren der abgeklärte Has-Been und das unerfahrene Jungtalent von einem Tournier zum nächsten. Felice Niederlagen scheinen nicht weiter bedeutsam, da von den Matches sowieso praktisch nichts zu sehen ist. Ist Gatti mal auf dem Platz, dann um zu reden. Etwa mit der Mutter einer Tochter In Felices Alter, um die er sich nie gekümmert hat. Trotzdem scheint er der wahre Leidtragende seiner Versäumnisse. Die unentschlossene Handlung in der austauschbaren Optik eines Urlaubskatalogs will Gatti mal als coolen Draufgänger, mal als tragische Figur und scheitert mit beidem.
Selbst wenn man großzügig darüber hinwegsieht, dass Andrea Di Stefanos generische Sportkomödie die Stereotypen des Genres ohne jede Originalität bedient, bleibt das Resultat ernüchternd. Unter der handwerklich soliden Oberfläche steckt ein reaktionärer Mix aus Fließbandproduktion und Star-Vehikel, so starr und formelhaft wie die gezeigten Tennisübungen. Egomanische Werte und Chauvinismus dieser Ära werden nicht kritisch reflektiert, sondern nostalgisch überhöht. Ehrgeiz wird ausschließlich durch männliches Streben verkörpert. Dynamik entsteht weder zwischenmenschlich noch sportlich. Blasser Zeitkolorit wirkt mehr anbiedernd als atmosphärisch. Favinos zuverlässiges Schauspiel kann den filmischen Fehlschlag nicht retten.
- OT: I’ll Maestro
- Director: Andrea Di Stefano
- Year: 2025