Dass Sofia Coppola für ihren ersten Dokumentarfilm ein so sicheres und selbstreferenzielles Sujet aussuchte wie ihren langjährigen Freund Marc Jacobs, ist eine vergleichsweise geringe Enttäuschung gegenüber der illustrativen Oberflächlichkeit des Designer-Porträts. Jenes ist mehr eine kommerzielle Geste als einsichtige Profilierung eines der einflussreichsten Modemacher der letzten Jahrzehnte. Seit den frühen 1990er-Jahren verbindet die Regisseurin mit ihrem Protagonisten eine enge Beziehung, die in Form kreativer Kollaborationen, geteilter Erinnerungen und gegenseitiger Promotion das Szenario ebenso formt wie Jacobs Karriere.
In den rund zwölf Wochen vor Präsentation seiner Frühjahrskollektion 2024 begleitet die Kamera den Fashion-Star beim Abwägen von Stoffen, Durchsehen von Entwürfen und Diskussionen über Make-up. Bar jeder kritischen Distanz ist die sich daraus ergebende Mischung aus freundschaftlicher Nähe und kommerzieller Ästhetik vorrangig kalkulierte Hommage an den von Erfolg und Privilegien verwöhnten Modemacher. Der Schaffensprozess und die Präsentation als Bühnenstück werden zum ideellen Teil des kreierten Looks. Alles scheint präzise geplant und dennoch vibrierend von nervöser Energie.
Wenn sich Jacobs am entscheidenden Abend weniger minimaler Verzögerungen auffällig gereizt gibt, ist das einer der seltenen Momente, in denen der Mensch hinter der makellosen Fassade zum Vorschein kommt. Zwischen derlei meist idealisierten Vignetten steckt reiches Archivmaterial die Stationen seiner rasanten Karriere ab: das Studentenprojekt an der Parsons School of Design, die Grunge-Kollektion für Perry Ellis 1992, sechzehn Jahre bei Louis Vuitton, die Zusammenarbeit mit Takashi Murakami. Kritische Kontexte und politische Aspekte vermeidet die von Pop-Soundtrack angetrieben Collage ebenso wie Expertenstimmen.
Die Bedeutung Marc Jacobs Schaffens wird in Sofia Coppolas einseitigem Tribut schlicht behauptet, als sei seine vermeintliche Coolness Argument genug. Momentaufnahmen, persönliche Anekdoten und Fundus-Material arrangieren schwungvolle Kameraaufnahmen zu einem plakativen Popkultur-Pastiche. Die materiellen und strukturellen Privilegien, die dem Protagonisten entschieden zum Erfolg verhalfen, werden ebenso ignoriert wie Elitarismus, Exklusivität und Egozentrik der Fashion-Industrie. Die scheint hier eine große glückliche Familie, in der Gewinnabwürfe nur ein zufälliger Bonus scheinen. Die maßgeschneiderte Memoire zwei Kunstschaffenden, durchdesignt, chic und seelenlos.
- OT: Mark by Sofia
- Director: Sofia Coppola
- Year: 2025