Für Menschen aus der Arbeiterschicht oder Unterklasse mag der Titel Valérie Donzellis selbstgerechten Sozialdramas wie eine pragmatische Selbstverständlichkeit klingen, oder die ersehnte Aussicht auf vorübergehendes ökonomisches Überleben. Für diejenigen, die wie der erfolgreiche Photograph Paul (Bastien Bouillon) mit gelegentlichen Aufträgen entspannt ein bequemes Leben finanzieren können, gratis im weiträumigen Apartment einer Tante wohnen und im Notfall auf die Unterstützung einer gut situierten Familie zurückgreifen, verspricht „Auf Arbeit“ – oder wie der französische Originaltitel besagt: „Hart am Arbeiten“ – zu sein eine spannende und inspirierende Neuerfahrung.
Dieser widmet sich de privilegierte Protagonist, ein fiktionalisiertes Alter Ego des Autors der gleichnamigen Romanvorlage Franck Courtès, als die Trennung von seiner Partnerin (verkörpert von Regisseurin Donzelli selbst), dem Auszug der erwachsenen Kinder und Langweile mit seinem gegenwärtigen Beruf des Photographen die Midlife-Crisis einläuten. Mit der Selbstüberzeugung des Bildungsbürger-Spross, der sein Leben lang für alles nur Bestätigung bekommen hat, beschließt Paul Schriftsteller zu werden. Sein Entschluss erscheint nicht als der lebensferne Spleen einer blasierten Bürgerelite, sondern ein mutiger Schritt zur Erfüllung seiner künstlerischen Bestimmung.
An der erlaubt die ignorante Inszenierung niemals Zweifel, auch nicht, als Paul das Geld vom Verkauf seiner teuren Profikameras aufgebraucht hat und mittlerweile sein drittes Buch in den Regalen vermodert. “I’m waiting for your great novel,” sagt seine Verlegerin Alice (Virginie Ledoyen) angesichts einer banalen Autofiktion über seine Trennung. “And this isn’t it?” Fragt Paul verdattert. Diese privilegierte Selbstverblendung wäre lustig, sähe die Regisseurin und Co-Drehbuchautorin verwöhnte Verlogenheit Pauls vermeintlichen Kampfs. Der betrifft nicht nur ihn selbst, sondern hat nachhaltig negative Auswirkungen für echte Gig-Jobber.
Denen nimmt Paul durch seine Registrierung bei einem fiktiven Forum namens „Jobber“ bitter benötigte Aufträge weg. Die ethischen Aspekte dieses ungleichen Wettbewerbs, an dem Paul mit zahlreichen Vorteilen zum Spaß teilnimmt, während es für die anderen um ihre Existenz geht, ignoriert der elitäre Elendstourismus. Die Ausbeutung des Job-Forums erscheint plötzlich relevant, weil sie ein Angehöriger der Mittelschicht erlebt. Was für Unterschichtsangehörige als akzeptabel betrachtet wird, gilt für jemanden wie Paul als unerträgliche Zumutung. Eine solche ist tatsächlich die dramaturgische Überhöhung sozialromantischen Slummings.
Wenn der privilegienverblendete Protagonist in einer frühen Szene eine Wand einreißt, steht das nicht nur exemplarisch für seinen biografischen Umbruch, sondern die plumpe Symbolik Valérie Donzellis elitaristischer Romanverfilmung. Deren Kameraführung imitiert vergeblich die sozialrealistischen Stilismen der formativen Werke Mike Leighs und Ken Loachs. Das melodramatische Ästhetisieren prekärer Arbeitsbedingungen unterstreicht nur die dramaturgische Distanz zu einer Lebensrealität, von der materiell und sozial gesicherten Elendsexkursion des Hauptcharakters unendlich weit entfernt ist. Passables Schauspiel und handwerkliche Grundqualität können die inszenatorische Ignoranz des drögen Dramas nicht ausgleichen.
- OT: A pied d’oeuvre
- Director: Valérie Donzelli
- Year: 2025