Eins, zwei, Freddy kommt vorbei … Ja, schon wieder. Nur zur Abwechslung nicht im x-ten Sexuell, sondern einem Reboot. Bis zu dem war es lediglich eine Frage der Zeit, nachdem Leatherface und Michael Myers erfolgreich (zumindest finanziell) auf die Leinwand zurückkehrten. An der Story vom narbengesichtigen Krallenhandschuhträger mit verbranntem Gesicht, der Nancy (Rooney Mara) und ihre anfangs ungläubigen Freunde in fatalen Alpträumen heimsucht, hat sich wenig geändert. Nur stehen diesmal neben den Protagonisten auch die Zuschauer_innen kurz vorm Einschlafen.
Dafür sorgt nicht Samuel Bayers dröge Inszenierung, die mit quasi als Bonus zu den Figuren jede Atmosphäre killt. Nachdem mit Dean (Kellan Lutz) und Kris (Katie Cassidy) zwei Opfer ähnlicher Träume zu reale Opfern wurden, dämmert Nancy, dass sie und Schulkamerad Quentin (Kyle Gallner) mehr als Aufputschmittel brauchen im Kampf gegen Freddy Krueger (Jackie Earle Haley). In den Anfangs- und Endszenen seines Originalfilms verzerrte Craven die Vorstadtwelt in ein Heile-Welt-Ideal von abgründiger Perfektion. Der surreal schimmernde, in Weichzeichner getränkte Mikrokosmos wartete nur auf ein Monster und Freddy Krueger kam wie gerufen. Die Gewalt kriecht aus dem Inneren der Elm Street, die der Filmtitel unmittelbar damit verknüpft. Instinktiv wissen das die spielenden Kinder, die Freddy als Kinderschreck besingen: „Drei, vier, verriegle deine Tür“.
Bayers abgewandelte Vorgeschichte eliminiert die sardonischen Suburb-Satire. Die Vorstädter verdächtigen Kindergartengärtner Krueger des Missbrauchs, fackeln sie nicht lange und fackeln ihn ab. Motivation ist weniger Wut als Scham, dass die eigenen Kinder Opfer wurden. „Unsere Kinder werden vor Gericht stehen und bis ins Detail erzählen, was er mit ihnen angestellt hat“, droht Quentins Vater den anderen Eltern, die ihr Verbrechen ebenso verleugnen wie die Taten Freddys. Er ist das Monster, das der Schlaf der Vernunft gebiert. Solche Gemeinplätze könnten amüsant sein, würde Bayer sie nicht überdeutlich vorführen. Quentins Recherche zeigt neben Goyas Caprichio gleich Saturn verspeist seine Kinder. Sünden der Väter, wir haben’s kapiert.
Freddys verkohltes Gesicht ist die Narbe auf der ausgebrannten Vergangenheit, der seinen Opfern die psychologische Analyse abnimmt: „Ich werde von deinen Erinnerungen angetrieben“. Würde der Plot diesem Weg konsequent folgen, wäre dies zumindest eine interessante Variation. Doch Wesley Stricks und Eric Heisserers Drehbuch unterminiert ihr eigenes (Re)Konstrukt, indem es willkürlich anprangert und sanktioniert. Ansätze zu mokanter Gesellschaftskritik sowie Sexualität bereinigt die Michael-Bay-Produktion für eine Generation, die reaktionärer ist als ihre Eltern: „Fünf, sechs, nimm ein Kruzifix“.
Mehr als von ausgefeilteren Spezialeffekten profitiert die krude Story von der bedrohlichen Präsenz Jackie Earl Haleys. Ihn taucht Bayer in das trübe Zwielicht, in das er einst einen anderen toten Streifenpullover-Träger hüllte: Kurt Cobain in dem Musikvideo zu Smells like Teen Spirit, Bayers bisher bekanntester filmischer Arbeit. Von deren Kultstatus kann das Leinwanddebüt nur träumen. „Neun, zehn, nicht ins Kino geh´n.“
- OT: A Nightmare on Elm Street
- Regie: Samuel Bayer
- Drehbuch: Wesley Strick, Eric Heisserer
- Produktionsland: USA
- Jahr: 2010
- Laufzeit: 95 min.
- Cast: Jackie Earle Haley, Rooney Mara, Kyle Gallner, Katie Cassiedy, Thomas Dekker, Kellan Lutz
- Kinostart: 20.05.2010
- Beitragsbild © Warner Bros.