„Der neue Trend aus dem Westen kommt – wie sollte es anders sein – aus den USA. Eine neue, aggressive Sportart frisst sich durch die Städte wie ein Virus“, warnt der Nachrichtensprecher. Dabei scheint die sozialistische Architektur als Brutstätte für dieses Virus prädestiniert. „Beton gab’s ja genug“, erinnert sich einer der Protagonisten, die sich als Infiziert ausgeben. Angesteckt haben sie sich augenscheinlich tatsächlich, nur mit Größenwahn statt mit Sportspaß. Aber wer wird sich über Blauäugigkeit, Beschönigung und Borniertheit denn aufregen, solange dazu eine nette Playlist läuft? Wenn der Soundtrack mal leiser spielt, sorgt DDR-Deutsch für Unterhaltung. „Diese Harmonie kann kein Bodenspekulant zerstören“, preist ein Lehrfilm die Topografie und Honecker verspricht : „Jeder Junge und jedes Mädchen kann sein Talent frei entfalten.“
Mehr brauchte es nicht, um die Skater-Clique zu inspirieren, deren Wiedervereinigung Jahrzehnte nach der anderen Wiedervereinigung Marten Persiel beobachtet. Die Beerdigung eines aus der alten Clique weckt Erinnerungen an das, was laut Rundfunk Unmoral, Skeptizismus und einzelgängerischen Unsolidarismus schafft. „Okay, DDR und Skateboarden klingt irgendwie abwegig“, sagt einer der fiktiven Ost-Skater. „Aber da kommt jedes Kind drauf“ Aber „mit ´nem Rollbrett durch die Gegend eiern“, ohne Wettbewerbsgeist, „Nur so zum Spaß?!“ Dafür sei die DDR nicht gestrickt gewesen. Dass sich mutige Mini-Machos vorgegebenen Mustern nicht fügen und Skaten gegen politische Doktrin genauso resistent sei wie die „Personen aus dem Umfeld des unorganisierten Rollsports“, behauptet die pseudo-historische Lektion.
Unter deren drolliger Fassade steckt eine selbstherrliche Hommage an die Egos der Filmemacher, zusammengestückelt aus Fake-Amateurclips, Zeitdokumenten, holpriger Animationen und plumpem Schauspiel. Die vorgeblichen „Bruchstücke einer Biografie“ und Ruinen einer Republik montiert die Rollbrett-Retro-Show zu einer vor Arroganz, Ignoranz und Chauvinismus triefenden Nostalgie-Nummer. Genau das Richtige für männliche Vertreter der Früher-war-alles-besser-Fraktion, die sich ihre eigene Jugend zurecht lügen und weibliche Wesen wahlweise als Sexobjekt oder Schlumpfine sehen. Von wegen “jeder Junge und jedes Mädchen” , vor der Kamera dürfen nur Jungs etwaiges Talent entfalten oder passender formuliert: damit protzen. Die gealterten Figuren hinter der Kamera indes sind eher talentfrei. Aber das können sie sich als Senioren ja problemlos schönlügen.
- Regie: Marten Persiel
- Produktionsland: Deutschland
- Jahr: 2012
- Laufzeit: 90 Min.
- Beitragsbild © Farbfilm Verleih