Regisseur Joe Cornish und Darsteller Nick Frost unterhielten sich über die reale Inspiration zu ihrer Kiddie-Action Attack the Block, John Carpenter und marktwirksame Moralmärchen.
Bemerkenswert, dass das Filmszenario von der Realität eingeholt wurde.
Cornish: Eigentlich nicht. Ich bin in Brixton aufgewachsen, wo der Film spielt. Dort gab es Riots als ich elf war, 1981, 1982, 1984, in den Neunzigern … Unser Film ist eine moralische Geschichte. Hauptsächlich handelt er von Kids, die ihren Block verteidigen. Die einzige Verbindung ist, dass er von ausgegrenzten Kids in der Innenstadt handelt.
Viele Filme dieses Genres scheinen eine Botschaft zu haben, gleich Märchen mit einer Moral.
Cornish: Liest man H. G. Wells oder guckt Metropolis ist es interessant deswegen, wie die Leute sich damals die Zukunft vorstellten. Meinen Film beeinflussten John Carpenters Sachen wie Assault on Percinct 13 oder The Thing, die eine starke gesellschaftliche Botschaft hatten. Daher denke, ich gute Geschichten sind – nun, es ist gut, wenn eine Geschichte von etwas handelt.
Im Unterschied zu Carpenter setzt Du viel Humor ein.
Cornish: Das ist mein Background: Fernsehkomiker. Dennoch stimmt es: Carpenters Arbeit steckt nicht voller Gags. Ich bin entweder dümmer als John Carpenter oder ambitionierter oder mache einfach etwas anderes.
Siehst Du in dem Sci-Fi-Revival im Kino eine neue Generation Aliens?
Frost: Ja. Jetzt sind wir auf uns gestellt. Sie sind alle etwas gemein. Eine Weile waren es Moslems, eine Weile war es Frankenstein, Vampire … Alles hat seinen Moment. Eine Weile waren es Russen.
Wie sicher kann sich ein Horrorfilm heute seiner Zuschauer sein?
Frost: Niemand kommt nur, weil ein Zombie im Film ist. Wenn es ein bescheuerter Film ist, wissen die Leute es, bevor er anläuft.
Statt der Perspektive der Jugendlichen wählst Du die der Frau, die das Bürgerliche repräsentiert.
Cornish: Ich mochte die Idee, dass sie weglief und man bei den Jungen blieb. Ich hatte die Hoffnung, dass die Zuschaue etwas fühlen – positiv oder negativ. Die Herausforderung des Films ist dann, dieses Gefühl umzukehren. Sie kehrt zurück und zwei gegensätzliche Kräfte sind durch die Invasion gezwungen zusammenzukommen.
Obwohl die Jugendlichen zuerst angreifen wird diese Xenophobie nie hinterfragt, sondern heroisiert. Einmal heißt es: „Hätten wir gewusst, dass du aus unserem Block bist, hätten wir dich nie angegriffen.“ Demnach steht das Alien für jeden, der nicht aus demselben Viertel kommt.
Cornish: Vieles im Film spiegelt die Attitüden solcher jungen Leute. Alles, was ich wollte, war deren Einstellungen auf authentische Weise wiedergeben.
Amerikanische Filme sind oft vergleichsweise direkt in ihrer Inszenierung oder nur Unterhaltung.
Frost: Vielleicht genügt das.
Cornish: Manche finden, der moralische Text von Attack the Block ist zu plump, andere verfehlen ihn völlig.
Die Waffenkenntnis der Figuren durch ihr soziales Umfeld macht sie augenscheinlich zu guten Soldaten für die Menschheit.
Cornish: Ich denke da an E.T., wo Elliot sagt, E.T. sei im Schuppen. Sein Bruder geht und holt ein großes Messer. Jedes Kind, egal, wo es herkommt, würde, wenn seine Nachbarschaft von Aliens überlaufen würde, eine Waffe holen. Daher sind die Reaktionen meiner Kids sehr real und ehrlich.
E.T. war der Nette und niemand will tatsächlich E.T. abstechen. Bei Dir erscheint es richtig, sich einen Baseballschläger zu schnappen und niederzuschlagen, was von außerhalb des Viertels kommt. Es wirkt ausgeschlossen, dass ein Außenseiter gut sein könnte.
Cornish: Es gibt eine Vorstellung von Territorium. Vieles von dem in London hat mit Territorialem zu tun. Wenn man wenig hat, schätzt man dieses Wenige. Manchmal ist das nur der Wohnblock oder das Viertel. Die Kids sind sehr beschützend gegenüber ihrem Territorium, denn jeder fühlt gern Besitz und Zugehörigkeit.
Man hat die Nachrichtenbilder im Kopf …
Cornish: Das wäre nur eine angemessene Verbindung, wenn man sehr jung ist. Aber Leute in unserem Alter kennen die Rezensionen zu Clockwork Orange oder The Evil Dead. Jeder vage provokative Film provoziert jemanden. Attack the Block wurde tatsächlich als lustige kleine eskapistische Moralgeschichte entworfen.
Wird der Aufruhr um die Ganggewalt in London dem Film auf dem internationalen Mark nützen?
Cornish: So möchte ich das nicht sehen, das wäre etwas materialistisch. Wenn er dazu beiträgt, Aufmerksamkeit auf das Thema zu lenken und dass die Stimmen Jugendlicher mehr Gehör finden, ist das eine gute Sache. Aber Attack the Block handelt von Aliens mit Leuchtzähnen und ich bin kein Politiker.
Bei Carpenter gibt es viel Politisches …
Cornish: Man interpretiert das in die Filme. Der Film drückt hoffentlich aus, was ich sagen will. Einer meiner Lieblingsfilmemacher ist Lindsay Andersons If, in dem Schüler ihren Direktor in den Kopf schießen. Wenn man ein Idiot ist, denkt man: „Zeigt nicht diesen Film, damit Kopfschüsse auf Schuldirektoren nicht befürwortet werden!“ Aber eben nur, wenn man ein Idiot ist. Daher ist für mich Zwiespältigkeit zentral. Verkündet man nur seine Absichten, wird Film sinnlos.
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