Dass seine Sci-Fi-Teenie-Romanze Divergent auf gar keinen Fall wie Die Tribute von Panem sei, hat Neil Burger bereits wiederholt in Interviews klargestellt. Anlässlich der Deutschland-Premiere erzählt der Regisseur, was seinen Film sonst noch auszeichnet.
Der Film erinnert stark an „Die Tribute von Panem“. Wie bist du vorgegangen, um ihn trotzdem anders zu machen?
Eines der Dinge, die ich für vollkommen anders halte, ist die Entwicklung von Tris. Am Anfang ist sie diese gewöhnliche Person. Sie ist keine Superheldin, sie hat keine Superkräfte, sie ist kein Vampir. Tatsächlich erwirbt sie nur durch reine Willenskraft die Fähigkeit, zu überleben. Außerdem wollte ich visuell eine andere Geschichte. Wir wollten ein Gefühl der Echtheit.
Wie bist du zu dem Projekt gekommen?
So wie es wohl läuft, fragen sie zwei oder drei Regisseure, ob sie Interesse haben und dann wollen sie hören, was du zu sagen hast. Was ich sagte war, dass ich die Themen der menschlichen Natur und Identität sah. Ich wollte sie auf sehr ehrliche Weise spielen, daher fand ich, das Setting sollte ebenfalls real sein. Eine der Sachen, die ich sagte, war, wir sollten in Chicago auf der Straße drehen, sodass sie die echte Sonne in den Augen haben, den echten Wind im Haar, den echten Beton unter den Füßen. Eine andere war, es nicht als Dystopie zu spielen. Ursprünglich will sie herausfinden, wo sie in der Gesellschaft hingehört.
Kannst du erklären, warum Teenie-Romane wie „Twilight“, die großteils von Frauen geschrieben wurden, so erfolgreich sind?
Nun, ich denke, sie haben interessante Geschichten. In diesem Fall habe ich das Gefühl, dass Veronica Roth den Finger auf die Gesellschaft richtet. Aber ich glaube auch, dass der Film erfolgreich ist, da es zwei Dinge gibt: zum einen stehen diese sehr starken jungen Frauen im Mittelpunkt. Es ist keine einfache Welt, sie kämpfen hart für das, was sie bekommen. Ich hatte immer das Gefühl, dass es ein Schritt in der Weiterentwicklung des Feminismus ist. Ich weiß nicht, warum es so lange gedauert hat, bis Filme damit ankamen. Der nächste Schritt ist, dass man starke Frauen im Zentrum jeder Art von Story haben kann.
Warst du an der Auswahl der Besetzung beteiligt?
Ich war an allem beteiligt. Dann habe ich Shailene in The Descendants gesehen und fand, dass sie allen die Show gestohlen hat. Ich fand, dass sie in diesem Film eine sehr interessante Kombination von Rebellion und Verwundbarkeit hatte. Hier musste sie jemand sein, der auf gewisse Art äußerst gewöhnlich und unschuldig war, und dennoch innere Stärke und Mut finden muss, um zu überleben.
Wie hast du sichergestellt, dass sie die psychische Kraft dafür hat, den Film zu tragen?
Ich finde, dass sie eine der besten, wenn nicht die beste Darstellerin ihrer jungen Generation ist. Dann habe ich sie getroffen und mit ihr darüber geredet, über den ganzen physischen Stil. Was ich dann erfuhr war, dass sie nach unserem Treffen zu einer Art Survival-Bootcamp ging. Also lernte sie Schlösser von Handschellen zu knacken und eine Autozündung kurzzuschließen, ihr eigenes Essen zu töten und mit einem halben Liter Wasser 20 Meilen durch die Wüste zu kommen. Ich dachte: Wer ist diese Person? Und dann dachte ich: Sie ist perfekt!
Was für ein Hobby für eine 21-Jährige!
Shailene ist die nächste – die nächste Shailene Woodley. Sie ist eine ebenso großartige Schauspielerin wie Jennifer Lawrence. Sie und Shailene sind echt die besten Schauspielerinnen dieser Altersgruppe. Die Tribute von Panem ist ein Phänomen wie es nur alle paar Jahre herauskommt. Wir sind vor rund einer Woche in Nordamerika angelaufen und der Film ist echt erfolgreich und das ist, was wir wollten.
Bist du am zweiten Teil beteiligt?
Ich führe nicht Regie, aber bin ausführender Produzent.
Aber du hast ein anderes Projekt.
Es gibt ein paar andere Projekte. Das nächste, das ich mache – ich hab noch nicht entschieden, was – wird sicher keine Teenager-Geschichte.
Du hast mit Bradley Cooper und Robert De Niro gearbeitet. Hier war es ganz anders.
Überraschenderweise war es kein so großer Unterschied. Der Robert De Niro dieses Films war Kate Winslet, meiner Meinung nach eine der großartigsten Schauspielerinnen aller Zeiten. Stimmt, in diesem Film sind ein Dutzend Leute, die brandneu sind. Man nimmt sie mehr unter seine Fittiche. Aber selbst De Niro wollte Regieanweisungen haben, er wollte Feedback zu dem, was er gegeben hat. Die besten Schauspieler spazieren nicht einfach rein und machen es eben. Manche Leute, aber eher die unangenehmen Leute sind so: „Ich hab dir was geliefert und das war’s.“
Was war der beste Tag und was der schlimmste?
Ein übler Tag war, als sie nach der Auswahlzeremonie dem Zug hinterherrennt. Ihr Fuß blieb hängen und sie fiel – zack! – genau aufs Gesicht. Sie ist der Star, es ist ihr Gesicht, das man anschaut, und nun hatte sie diese Kratzer. Das war furchtbar.
Mochte der Bürgermeister von Chicago, dass ihr dort war?
Jede Stadt mag das. In Chicago wird nicht so oft gedreht. Also war es immer noch was Besonderes und wir haben Chicago als Chicago inszeniert, obwohl wir es in einem zerstörten Zustand gezeigt haben. Das schmeichelt den Leuten.
Beitragsbild © Concorde