Die Mehrzahl der Menschen leidet an Demenz, weil Blutgefäße im Gehirn verstopft sind und ihre Nervenzellen nicht ausreichend mit sauerstoffreichem Blut versorgt werden, erläutert der Mediziner Dr. Michael Klaper in der neuen Dokumentation von Kip Andersens und Keegan Kuhn. Vielleicht formulieren die Filmemacher ihren Appell deshalb in einer bisweilen infantilisierend simplen Art, damit auch die Ignorantesten die Sachlage verstehen. Trotz burgerbedingter Hirnverlangsamung. Hirnverlangsamung? Hatten die zu wenig Protein?! Nein, zu viel und das von der falschen Sorte. Tote Körper, krank gezüchtet, vollgepumpt mit Antibiotika und Hormonen auf dem Speiseplan sind Hauptursache für explodierende Raten an Krebs, Diabetes, Demenz und Herzerkrankungen.
Klaper: „Die winzigen Arterien im Kopf werden von dem steten Strom an schlechtem Cholesterin verstopft“. Dass Fleisch und die von der Tierindustrie ausgehende Umweltzerstörung nicht gesund sein kann, sagt der gesunde Menschenverstand, auf den der Text der im Film erwähnten „Cheeseburger Bill“, aber nicht nur die Fast-Food-Giganten wissen: Um Verstand anzuwenden, muss man welchen haben. Dass dies bei den Schlachtbetriebskunden nicht der Fall ist, legen der hierzulande beliebte Zurück-zum-Sonntagsbraten-Spruch genauso nahe wie die Rezept-Tipps der American Cancer Society. Hinter letzten steckt jedoch perfide Gerissenheit. Institutionen wie die American Diabetes Association und ihre Sponsoren in Pharma- und Tierproduktsektor verdienen am doppelten Leid.
Das der Tiere bleiben dieses Mal im Hintergrund, denn die Grausamkeit ihrer Verarbeitung ist nur ein zusätzlicher Kick für die „Mir schmeckt’s halt gut“-Front. Gleiches gilt wohl für den organisierten Rassismus des Redlinings, aufgrund dessen die am stärksten von Tierfabrik-Schadstoffen belasteten Gegenden vorrangig von Schwarzen und Hispanics bewohnt werden. Doch selbst im verbohrtesten Fleischfan steckt noch ein Rest Mitleid: Daran appellieren die Studien, Fallbeispiele und Fachinterviews, welche die Panikmache um Zucker, Fett und Kohlehydrate als Teil einer Strategie der Irreführung und Verunsicherung ausgerechnet jener Institutionen, die sich vorgeblich der Bekämpfung von Zivilisationskrankheiten verschrieben haben: Selbstmitleid.
Hintergründig, kompakt und stichhaltig demaskiert die Reportage Amoral und Lobbyismus von Gesundheitsapparat, Tiermittelindustrie und Big Pharma und ganz nebenbei den Protein-Mythos. Die Fakten sind bekannt; ihre Bündelung ist dennoch ein spannender Exkurs über die medizinischen Faktoren, wegen der selbst eingeschworene Fleischfresser ins Gras beißen.
- OT: What the Health
- Regie: Kip Anderson, Keegan Kuhn
- Drehbuch: Kip Anderson, Keegan Kuhn
- Produktionsland: USA
- Jahr: 2017
- Laufzeit: 97 min.
- Cast: Kip Anderson, Larry Baldwin, Neal Barnard, Tia Blanco, David Carter, Jake Conroy, Garth Davis, Caldwell Esselstyn Jr., Mike Ewall, Alan Goldhamer, Michael Greger, Mu Jin Han, Jaydee Hanson, Joel Kahn, Mark Kennedy, Michael Klaper
- Beitragsbild © Polyband