Manche nennen ihn einen Dichter, andere sagen er sei ein Aktivist und einige sagen, seine Dichtung und Musik wäre politisch. Wieder andere sagten, sie handelten vom Geist seines Volkes. „Ich mag ein bisschen von all diesen Etiketten sein, aber ich bin mehr als irgendeine davon“, verrät John Trudell an einer Stelle. Sie findet sich unscheinbar am Ende der verdichteten Biografie. Nicht der, die Heather Rae von dem Künstler und Leitdenker der American Indian Movement filmte, sondern der Biografie im Pressheft ihrer biografischen Dokumentation. Statt den Protagonisten von solchen Labels zu befreien, kreiert Raes unscharfe Nahaufnahme ein neues: Trudell.
Der Name steht weniger für seinen kontroversen Träger als ein mythisches Konstrukt von ihm. Zur Stilisierung lädt Trudells weitgefächertes kreatives und aktivistisches Wirken geradezu ein. Rae ist nicht die Erste, die dieser Verführung nachgibt. Jackson Brown, Val Kilmer und Sam Shepard scheinen in Kurzauftritten etwas von ihrem Ruhm auf den, dessen politisches Engagement den gleichen Ruhm verdiente. Wo aber endet Respekt für den Kämpfer gegen Entrechtung und Diskriminierung der amerikanischen Ureinwohner, den Protestführer der Alcatraz-Besetzung 1969 durch Mitglieder aller indianischen Stämme, dem Ex-Vorsitzenden des AIM, dem in politischen und poetischen Äußerungen eloquenten Ehemann, Vater und Dauergast auf dem staatlichen Überwachungsradar? Wo beginnt Lobpreisung aus geflissentlicher Korrektheit, nicht nur politischer, sondern historischer, ökologischer und künstlerischer?
Die indigene Bewegung schrumpft auf der Leinwand zur Randerscheinung der alternativen Protestkultur und John Trudell zu einem kollektiven Sprachrohr, dem es ausgerechnet an der markantesten Eigenschaft des realen Menschen fehlt: Charisma. Exemplarisch für dieses Ungleichgewicht sind die Montagen von Landschaften, mystischen Wolfssilhouetten und verfremdeten Perspektiven, die augenscheinlich Trudells Akustikkompilationen nachahmen sollen. Statt als Brücke in die verbale und tonale Gedankenwelt zu führen, distanziert der Mix aus Archivbildern, Spielszenen und Esoterik. Die beschworene „Kraft des Verstehens“ versagt vor pseudo-transzendentalen Schnipseln. „Falls ich irgendetwas sage, mit dem ihr nicht übereinstimmt, belassen wir es einfach dabei, dass wir nicht übereinstimmen“, heißt es von ihm, als werbe das einseitige Filmporträt um Publikum im politischen Gegenlager, das nie zu Wort kommt. Ob Trudells ideologische Widersacher ausgeblendet werden, damit sie das Ideal nicht verunglimpfen, oder aus Angst, schlafende Hunde zu wecken, bleibt unklar. Die Gegner bleiben ein Schatten mit den Umrissen von Geheimdienst, Establishment und Rassismus.
- Beitragsbild © Berlinale