Die Voraussetzungen sehen von Weitem vielversprechend aus, doch die Realität bringt die große Ernüchterung. Diese Erfahrung machen die aus Bangladesch angereisten Arbeitsmigranten, um deren unsichere Lebenssituation und enttäuschten Träume Yuan Bin Leis beobachtende Dokumentaraufnahmen kreisen, und das Publikum seines Films. Der ist Auftakt einer TV-Reihe über die Arbeit wenig bekannter NGOs wie TWC2 (Transient Workers Count Too). Deren zweckdienliche Büros in einem heruntergekommenen Bau kontrastieren bedeutungsvoll mit der modernistischen Architektur des Marina Bay Sands.
Das Luxushotel stilisiert der Auftragsregisseur zum Symbol der gesellschaftlichen Schere, die in dem Stadtstaat immer weiter auseinanderklafft. Wiederholt gleitet die monotone Kamera über die glitzernde Fassade der drei Hoteltürme, um anschließend durch die sich in Parks versammelnden Menschenmassen zu wandern. Fast alle sind jüngere Männer, die hier, in einem der zehn reichsten Länder der Welt, von vermeintlich besseren Arbeitsbedingungen und Menschenrechten profitieren wollen. Einer von ihnen ist Feroz, den Yuan Bin Lei im Krankenhaus besucht.
Dass er scheinbar nur dank Intervention TWC2-Angestellter wie seinem Fallbetreuer Ethan medizinisch versorgt wird, erschließt sich aus dem Pressematerial statt dem lückenhaften, repetitiven Material. Keine erhellenden Interviews, Hintergründe, einordnende Exposition, kein Kontext. Die Protagonisten bleiben anonyme Gesichter ohne Vergangenheit und Zukunft. Feroz und sein Zimmernachbar albern viel herum, aber erzählen wenig. Dafür erläutert in einer Vorbereitungsklasse in Bangladesch ein Ausbilder Schüler_innen und Kinopublikum, dass Gastarbeiter auch denkende, fühlende Menschen sind. Wieder was gelernt.
Das drängende, vernachlässigte Thema verschwimmt in einer unzulänglichen Montage sich wiederholender Stadtaufnahmen und oberflächlichstem Austausch mit Betroffenen, deren Schicksal ominös bleibt. Entweder fehlten Yuan Bin Lei die Mittel oder Ambitionen, die systematische Ausbeutung, Armut und und aussichtslose Lage von Singapurs Arbeitsmigranten eindrücklich darzustellen. Die Beiläufigkeit der Szene, die nie zum Kern der Problematik vordringen, verstärkt den deprimierenden Eindruck, niemand nehme ernstlich Anteil am Leid jener, deren Traum von einem besseren Leben bittere Realität gewichen ist.
- OT: I Dream of Singapore
- Regie: Yuan Bin Lei
- Drehbuch: Yuan Bin Lei
- Produktionsland: Singapore
- Jahr: 2019
- Laufzeit: 78 min.
- Cast: Al Mamun Feroz, Ethan Guo
- Beitragsbild © Berlinale