So richtig dran geglaubt hat niemand mehr. Am wenigsten offenbar die Festival-Leitung, die den Kartenvorverkauf in letzter Minute um eine Woche verschob. Zu groß waren wohl Bedenken, dass es trotz Absicherung beim Berliner Senat doch zu einem aufwendigen Stornierungsszenario käme. Jetzt findet es also doch statt, das Berlinale Summer Special, zu dem morgen auf der Museumsinsel die Berlinale-Leitung Mariette Rissenbeek und Carlo Chatrian, so der Pressetext, “die Gäste begrüßen und zu zwölf Tagen Kinozauber unter freiem Himmel einladen.“
Der „Kinozauber“ sieht so aus: Man erwirbt aus dem Programm, für das die schmale Filmauswahl des Presse-Events im Frühjahr rigoros zusammengekürzt wurde, ausschließlich online ein personalisiertes Ticket, als dessen Inhaber*in man sich ausweisen muss, um nach Angabe von Namen, Adresse, Kontaktdaten bei jedem Wetter (kein witterungsbedingter Vorstellungsausfall) und Bestätigung der gesundheitlichen Integrität an einer der knapp über ein Dutzend Open-Air-Spielstätten auf einer Decke zu sitzen, in vorschriftsmäßigem Abstand zu anderen Besuchern, in deren Social-Media-Profil noch Harter Lockdown Jetzt! steht. Reduziert wurde der stolze Ticketpreis (genau wie die Akkreditierungsgebühr) trotz aller Einschränkungen und Umstände übrigens nicht. Buchstäblich schlechte Karten haben da alle, die sich nicht letztes Jahr durch Masken-Deals bereichert haben. Zauberhaft.
Selbst wenn die hohen Ticketpreise und der verkomplizierte Zugang zu einem erheblichen Besucherrückgang führen, ist das Kartenkontingent so knapp, dass die Berlinale so oder so ausverkaufte Vorstellungen bejubeln können wird. Vielleicht sieht dieser Jubel dann so aus, also ob man sich allein in einem leeren Raum beklatscht. Denn große Premieren gibt es nicht, keine Pressekonferenzen und Pressevorführungen, Stars senden höchsten „digitale Grüße“. Wenn ihr trotzdem Lust auf einen Hauch Festival-Kino habt, findet ihr alle Infos hier und auf den jeweiligen Seiten der teilnehmenden Spielorte.
Die diesjährige Berlinale wird einmalig – und es hoffentlich bleiben.
Image © Elisabeth Nagy