Archaische Männlichkeitskonzepte, die Überlappung von Homophilie, Homoerotik und Homophobie sowie der zugleich stabilisierende und verunsichernde Einfluss exklusiver Männerbünde waren bereits zentrale Motive John Trengoves letzten Berlinale Beitrags, mit dem er 2017 in der Panorama Sektion sein Spielfilm-Debüt gab. Nun kehrt der südafrikanische Regisseur zurück mit einem Wettbewerbsfilm über die US-Facette martialischer Männlichkeitskulte. Deren frauenverachtende Ideologie und megalomanische Mythen werden darin jedoch ebenso übergangen wie deren Radikalisierung und Rekrutierung über Social Media Netzwerke und politische Verstrickung.
Statt die Agenda, Hierarchien und Methoden der in Reihe fanatischer Untergruppen von Incels über MGTOW (Men Going Their Own Way) bis zu Pick-up Artists aufgespaltenen Männerrechtler zu durchleuchten, installiert die sanguinische Story eine vergleichsweise zahme Gruppierung lediglich als zufälligen Trigger einer pathologischen Persönlichkeit. Ralphie, von Jesse Eisenberg als mit Presslufthammer-Lautstärke tickende Zeitbombe verkörpert, ist ein sichtlich gestörtes Sammelbecken soziopathischer Stereotypen. Ein einstmals pummeliger Junge, der in der Mucki-Bude vergeblich gegen Übergewicht kämpft, und heimlicher Stressesser.
Sein Vater verließ die Familie an Weihnachten, dessen kommerzieller Kitsch in der nasskalten Großstadtkulisse wie ein zynischer Witz wirkt. Seine schwangere Freundin Sally (Odessa Young) verdient das karge Haupteinkommen während er als Uber-Fahrer ackert, und ahnt nichts von seinen aus internalisierter Homophobie unterdrückten queeren Trieben. Dass die Begegnung mit Adrien Brodys väterlichem Guru eines mittelständischen Macho-Vereins, der den cholerischen Hauptcharakter zugleich Unterlegenheitsangst und Übermachtgefühle einimpft, zum Zünglein an der Waage wird, scheint da fast nebensächlich.
Hass und Hässlichkeit durchdringen das Unterklasse-Umfeld, dessen Erniedrigung und Zurückweisung den psychopathischen Protagonisten schon lange vor Einsetzen der intensiven Inszenierung in eine Dauerzustand wahnhafter Wut versetzt haben. So ist das pulsierende Psychogramm eine trotz des energischen Schauspiels und der aufreibenden Atmosphäre hypnotischer Hyperaggressivität verkürzte Interpretation manischer Männlichkeitsphantasien. Deren Faszination beschränkt sich auf familiäre Kameraderie und Wohlstandsneid, der den Mythos der aggressiven Arbeiterklasse bedient. Die Krise der Männlichkeit ist hier nur der Frust eines armen Außenseiters.
- OT: Manodrome
- Director: John Trengove
- Screenplay: John Trengove
- Country: USA
- Year: 2023
- Running Time: 95 min.
- Cast: Jesse Eisenberg, Adrien Brody, Odessa Young, Sallieu Sesay, Philip Ettinger, Ethan Suplee, Evan Jonigkeit, Caleb Eberhardt, Gheorghe Muresan, Brian Anthony Wilson, Sean Edward Lewis, Brian Brehm, Blake Brehm, Lamar Johnson, Adam Wade McLaughlin, Matthew Lamb
- Release date: –
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