Die Streaming-Veranstaltung 2020, welche die Bezeichnung „Festival“ ad absurdum führte, und die letzte Berlinale mit mehr Sicherheitsvorkehrungen als Filmvorführungen sind noch frisch im Gedächtnis. Gerade deshalb soll es dieses Jahr ein glanzvolles Event geben. Selbst wenn man dafür so tun muss, als ob Steven Spielbergs neuer Film wahre Kunst wäre. Das Herunterschrauben qualitativer Ansprüche im Dienste der Starpower war ja auch die Strategie, mit der Kosslick trotz allem das Festival mit den anderen A-List-Festivals konkurrenzfähig und zum populären Publikumsmagneten machte.
Dass Geschäftsführerin Mariette Rissenbeek und der künstlerische Leiter Carlo Chatrian sich nach drei Festival-Ausgaben mehr darauf besinnen, unterstreicht den schwachen Start des Duos. Ob das nur vereinzelt mit Highlights glänzende Sektionen-Programm durch einen starken Wettbewerb und die relativ junge Sektion Encounters ausbalanciert wird? Die Auswahl betont trotz spannender Beiträge wie Celine Songs Past Lives, Estibaliz Urresola Solagurens Debüt 20,000 Species of Bees oder Liu Jians Art College 1994 die Tendenz des Festivals, sich immer im gleichen Kreis zu drehen.
Christian Petzold, der 2012 mit Barbara im Wettbewerb war und 2020 mit Undine, präsentiert Roter Himmel. Sein französischer Kollegen Philippe Garrel war im gleichen Jahr mit The Salt of Tears im Wettbewerb, wo er dieses Jahr sein Familiendrama The Plough vorstellt. Da scheint es fast unhöflich, dass Margarethe von Trotta, deren mit der Vicky Krieps besetztes Bachmann-Biopic Ingeborg Bachmann – Journey into the Desert das hiesige Kino-Establishment jetzt schon in Verzückung versetzt, nach ihrem Wettbewerbsfilm Heller Wahn vierzig Jahre warten musste.
Immerhin wartete Emily Atef – im Wettbewerb mit Irgendwann werden wir uns alles erzählen – nach 3 Tage in Quiberon nur vier Jahre auf ein Wiedersehen. Angela Schanelec ist drei Jahre nach Ich war zuhause, aber … mit Music wieder dabei. Und dann ist da der Ehrenbär für Spielberg – der letzte Filmschaffende auf dem Planeten, der diese Bühne bräuchte, um seinem Werk Aufmerksamkeit zu verschaffen. Dafür ist die Berlinale dafür auch ein Festival, dass in den letzten Jahren dank erhöhter Diversität für positive kreative Überraschungen sorgte.
Wir sind wie immer für euch mittendrin! Los geht es am 16.02. mit zehn Tagen voller Kino und hoffentlich vollen Kinos. Tickets und Infos findet ihr wie immer auf der Festival Website.