Die anhaltende Präsenz der Toten, die nicht nur die diesseitigen Figuren in Yorgos Zois tristem Trauerspiel umtreibt, zeigt sich als ein wiederkehrendes filmisches Motiv der 74. Berlinale. In deren Nebensektion Encounters fügt sich die ironisch irdische Jenseits-Vision des Regisseurs und Drehbuchautors nahtlos in die Reihe verwirrend greifbarere Geister aus Wandering Bird, Cu Li Never Cries, Meanwhile on Earth und I Saw Three Black Lights. Gefangene unvollständiger Erinnerungen, von denen die Lebenden sich nicht trennen wollen.
Dabei bitten die Verstorbenen unablässig, sie aus einer Welt, die sie weder beeinflussen noch vollständig erfassen können, zu entlassen. „Let me go, let me get away, even for a little while …“, heißt es in einem der Songs, die gleich eines zeitgenössischen Chorus zu den Hinterbliebenen sprechen. Einer davon ist der diskreditierte Arzt Yannis (Vangelis Mourikis), der begleitet von der erfolgreichen Neurologin Katerina (Angeliki Papouli) in einem verlassenen Ort an der Küste ein Unfallopfer identifizieren soll.
Doch die Auflösung des kriminalistischen Konstrukts und die parabolische Phantastik des Szenarios werden mutwillig verraten, bevor daraus Spannung oder Geheimnis entsteht. Die elliptische Erzählung kreist dramatisch und dramaturgisch um den Zwischenzustand: von Vergangenheit und Gegenwart, Leben und Tod, Verdrängung und Fixierung. In dieser endlosen Übergangssphäre sind Menschen und Gespenster kaum unterscheidbar, für das Kinopublikum und für einander. Was philosophisch klingt, bleibt profan: Die Toten tragen drückende Schuhe, sammeln Pornohefte und haben Sex. Jedes Interesse am Geschehen ist spätestens da verblichen.
Der obskure Plot wird in Yorgos Zois makaberen Mystery-Dramas zum endlosen Styx. Alle schippern in düstere Stimmung zwischen Totenreich und Leben dahin, ohne etwas anderes zu sehen als deprimierende Schicksale wie das eigene. Trotz soliden Schauspiels bleiben die Figuren und ihre Verhältnisse Schemen; deren zwischen Mono- und Dialog wechselnde Konversation sich beständig um sie selbst dreht. Dämmerlicht, diesige Küstenkulissen und halbdunkle Räume unterstreichen den Zustand gehemmter Transition, in dem letztlich auch die Inszenierung gefangen ist.
- OT: Arcadia
- Director: Yorgos Zois
- Screenplay: Yorgos Zois
- Country: Greece, Bulgaria, USA
- Year: 2024
- Running Time: 98 min.
- Cast: Angeliki Papoulia, Daphné Patakia, Elena Mavridou, Vangelis Mourikis, Evangelia Adreadaki, Flomaria Papadaki, Alexander Voulgaris, Nikos Georgakis, Antonis Tsiotsiopoulos, Elena Topalidou, Nikolas Papagiannis, Giorgos Biniaris, Vagelis Evangelinos, Maria Katsandri, Maria Diakopanayotou, Lena Giaka
- Image © Foss Production