Es fällt leicht – vielleicht zu leicht – die charakteristische Überlänge Park Chan-wooks ausgefeilten Thriller zu verzeihen, sobald dessen doppelt-doppelbödiges Drehbuch seine metatextuelle Metaphorik enthüllt. Während des ersten Akts der mit lakonischem Humor gespickten Cannes Wettbewerbsbeitrag scheint die amouröse Spannung zwischen dem verheirateten Top-Ermittler Hae-joon (Park Hae-il) und der des Mordes an ihrem Gatten verdächtigten Seo-rae (Tang Wei) nur der Auftakt zu einem eleganten, doch letztlich beliebigen Neo-Noir. Doch als sich die kriminalistische Konstellation im zweiten Akt mit kleinen Abwandlungen wiederholt, wird klar, dass die Leidenschaft von Täterin und Detektive mehr intellektuell ist als körperliche Anziehung.
Letzte bleibt angenehm irrelevant in einer Inszenierung, die zugleich filmische Hommage ist und von einer Hommage handelt. So wie Hae-joon seine Arbeit an Mordfällen genießt, genießt es Seo-rae die präzise Planung eines solchen. In ihren Gesten und Gesprächen erscheinen beide aufeinander abgestimmt wie Akteure eines tödlichen Theaterstücks. Zu einem solchen gerät das Wiedersehen der amourös verstrickten Antagonisten. Deren Passion für Rollen, die sie bis zum bitteren Ende spielen, ist die wahre Leidenschaft der Story, die dezent ihre eigene Fiktionalität reflektiert. Dass Park Chan-wook das Abschließen dieser Romanze schwer fällt, wirkt da wie der finale Beweis einer ähnlichen Hingabe.
- OT: Heojil Kyolshim
- Director: Park Chan-wook
- Screenplay: Park Chan-wook, Chung Seo-kyung
- Country: South Korea
- Year: 2022
- Running Time: 138 min.
- Cast: Tang Wei, Go Kyung-pyo, Park Hae-il, Park Yong-woo, Lee Jung-Hyun
- Release date: –
- Image © Bac Films