Eine gelungene Pointe immerhin bringt Ruben Östlunds Wettbewerbsbeitrag zustande: der Applaus am Ende der Festivalvorführung. Ein ultraprivilegierter Regisseur wird für eine Komödie, die Privilegierte zu kritisieren vorgibt, von einem mehrheitlich privilegierten Publikum gefeiert. Und das alles in Cannes, wo Jachten ähnlich jener, auf der das junge Protagonisten-Paar Yaya (Charlbi Dean) und Carl (Harris Dickinson) zu Gilligan’s Island aufbricht, schippern. Wie James Gray Armageddon Time spricht sich ein weißer wohlhabender hetero Cis-Mann von Ignoranz und Intoleranz frei, indem er auf andere zeigt, die noch schlimmer sind – oder im Falle der Jachtgäste – reicher. Dem beizupflichten ist für die übrige Elite Selbstabsolvierung.
Der überlange Dreiakter ist auch der zweite Wettbewerbsfilm, dessen Humor maßgeblich auf Kotzen und Scheiße setzt. Auf den Machtneid des Publikums spekulierend, lässt der Regisseur und Drehbuchautor die Schicken und Schönen die Körperkontrolle verlieren. Ekliger als die Exzesse an Erbrochenem und Exkrementen ist, was hinter der scheinheiligen Gesellschaftskritik gärt: Misogynie, Chauvinismus, Homophobie und Ableismus bündeln sich zu der dialektischen (Doppel)Moral, dass Unterprivilegierte eine Machtposition genauso ausnutzen würden. Blasiert und blind für fremde Lebensrealität, verhöhnt Östlund Geldprobleme, Diskriminierung, Ausbeutung und Abhängigkeit. Echt witzig, was Leute ohne Geld alles dafür tun. „Cynism masquerading as optimism“, schreit eine Werbeleinwand. Aber nichtmal dazu reicht es.
- OT: Triangle of Sadness
- Director: Ruben Östlund
- Screenplay: Ruben Östlund
- Country: Sweden
- Year: 2022
- Running Time: 149 min.
- Cast: Woody Harrelson, Harris Dickinson, Charlbi Dean, Zlatko Burić, Oliver Ford Davies, Hanna Oldenburg, Malte Gårdinger, Iris Berben, Linda Anborg, Carolina Gynning, Sunnyi Melles, Shaniaz Hama Ali, Arvin Kananian, Henrik Dorsin, Camilla Läckberg, Beata Borelius
- Release date: –
- Image © Bac Films/Alamode