„Megalomaniapolis“ wäre ein passenderer Titel für Francis Ford Coppolas monomanisches Monumentalwerk. Das zeigt anschaulich die heuchlerische Hybris einer egomanischen Elite; weniger in den burlesken Bacchanalen der post-modernen Party-People auf der Leinwand als durch die Exzentrizität und Exzessivität seines selbstverliebten Spätwerks. Für dessen 120 Millionen Dollar Budget verkaufte der 85-jährige Regisseur sogar sein Weingut. Gut investiert wurde dessen Erlös nicht nach dem bizarr billigen CGI-Look, der die artifizielle Ästhetik alter PC-Spiele mit arabesken Art-Deco-Settings verbindet.
Was aussieht und agitiert wie ein Camp-Crossover von Alt-Right-Agenda und Antike entleiht seine erzählerischen Eckpfeiler der Catilinarischen Verschwörung, deren Politik, Propaganda und Protagonisten das delirierende Drehbuch indes jeder Ambivalenz und Aktualität beraubt. Die apostrophierte Analogie zum alten Rom erschöpft sich in Tuniken, Sandalen und Symposien. Letzte beschwören mit altväterlichem Voyeurismus den christlich-konservativen Mythos destruktiver Dekadenz. Der in Stein gemeißelt als „New Rome“ identifizierte Schauplatz gleicht einem spätrömischen Studio 54, voll dämonisierter Queerness, Drogen und Gay Glamour.
In diesem Kulissen-Clash von Things To Come und Caligula ist Adam Drivers Star-Stadtplaner Cesare Catilina Enfant terrible und Erzkonkurrent Bürgermeister Ciceros (Giancarlo Esposito). Der misstraut der von seinem Widersacher entdeckten Bausubstanz Megalon und setzt stattdessen auf Wohnungsbau, Infrastruktur, Schulen und Sanierung. Catilina hingegen steht körperlich und intellektuell buchstäblich über diesen Dingen, zu denen auch die Menschen in den von ihm abgerissenen Stadtvierteln zählen. Doch für Coppola ist er der tragische Held, ein metaphysischer Magier.
Als genialer Grenzgänger, an dessen Vision niemand glaubt und der sie mit eigenen Mitteln umsetzen muss, ist er zudem Figuren-Folie für den Regisseur, der seinem Protagonisten selbst die Gesetze der Physik unterwirft. Doch die Special Effects sind nur surreale Staffage; visuelles Pendant des rhetorischen Ballasts des demagogischen Duells zwischen Cicero und Catilina, der ganze Passagen aus Shakespeares zitiert (natürlich Hamlet) und zur Verteidigung seiner totalitären Topographie deklamiert: „Don‘t let the now destroy the forever!“
Die Essenz der larmoyanten Logorrhoe ist eine reaktionäre Dialektik des idealisierten Imperialismus, frei von humanistischen Hemmungen. In diesem neo-konservativen Narrativ ist die brachiale Beseitigung der Unterschicht städtische und soziale Säuberungsmaßnahme. Kitt dieser unilateralen Utopie ist die konservative Kernfamilie, realisiert durch Catilinas Beziehung zu Ciceros Tochter Julia (Nathalie Emmanuel), die vom bisexuellen Party-Girl zur monogamen Mutter und ergebene Ehegattin bekehrt wird. Das böse der sexistischen Stereotypen, zu denen Coppola sämtliche Frauenfiguren degradiert, ist Aubrey Plazas machthungrige Moderatorin.
Gestylt wie ihr Name Wow Platinum, plant sie ihren Aufstieg mittels Catilina, dessen milliardenschweren Bankier-Onkels Hamilton Crassus (Jon Voight) und einer implizit inzestuösen Intrige mit seinem korrupten Sohn Clodio (Shia LaBeouf). Die Bestrafung ihrer Ambitionen exemplifiziert die drakonische Doppelmoral der von Logiklücken, losen Handlungsstränge und psychologischen Widersprüchen zerfransten Inszenierung. Diese folgt der rechts-konservativen Taktik, politische Terminologie zu besetzen und umzudeuten: Sozialmaßnahmen sind konservativ, Sozial-Darwinismus progressiv, Autokratie ist Altruismus, die Demonstranten sind ein radikaler Mob.
Wäre Francis Ford Copppolas abstruses Triumvirat von Pulp, Pathos und Populismus nicht so Queerfeindlichkeit und Misogynie durchdrungen, könnten es ein trashiger Triumph der Kategorie so bad it‘s good sein. Doch bar jeden Humors und verstopft mit moralistischen Mythen, ist die Apotheose eines Autokraten als Architekten der Zukunft, der sozialistische Schwäche überwindet, lediglich das Symptom geriatrischen Größenwahns. Die philosophistischen Phrasen sagen weniger über die politische Position der USA der Gegenwart als die einer konservativen Kino-Koryphäe.
- OT: Megalopolis
- Director: Francis Ford Coppola
- Screenplay: Francis Ford Coppola
- Year: 2024
- Distribution | Production © Goodfellas