Ein Animationsfilm, der komplett auf gesprochene Dialoge verzichtet, ein Quartett nicht-menschlicher Protagonisten auf einer gefahrvollen Reise durch eine apokalyptische Welt begleitet, und Themen von Umweltzerstörung, Neubeginn sowie Spezies übergreifenden Zusammenhalt verarbeitet: Momoko Setos filmische Fabel erinnert unweigerlich an Gints Zilbalodis Flow, der im vergangenen Jahr ebenfalls in Cannes seine Premiere feierte. Doch der erste Langfilm der in Frankreich lebenden Regisseurin findet sowohl narrativ als auch visuell einen eigenen Weg, der in jeder Hinsicht höher hinaus will.
Die dramatischen Paradoxa und originelle Perspektive verleiht ihrem intergalaktischen Märchen seinen Reiz. Seto imaginiert wie einige jüngere Science-Fiction-Filme die Erde als menschenverlassenen Ort. Doch das Anthropozän ist scheinbar noch nicht vorüber. Eine Kette von Atomexplosionen zerstört die idyllische Wiesenlandschaft des Freundes-Quartetts. Dendelion, Baraban, Léonto und Taraxa sind die für ein Action-Abenteuer denkbar unwahrscheinlichen Akteure: Löwenzahn-Sporen. Die Druckwelle schleudert sie bis in den Weltraum zu einem fremden Planeten, wo Witterung und Topographie zu ihren Gegenspielern werden.
„Planeten“ ist der Originaltitel der von Guionne Leroy in einer Kombination aus 3D-Animation, Motion Capture und Zeitraffer-Aufnahmen visualisierten Öko-Fabel. Das Kosmische prägte die Kurzfilme der Regisseurin, die sich demonstrativ von der menschlichen Perspektive distanziert. Nicolas Beckers hochemotionaler Soundtrack setzt die Stimmung des Szenarios, das zwischen den Extremen von Dystopie und Idyll, Kataklysmus und Neubeginn wechselt. Der Fokus auf unscheinbare Organismen wie Sporen, Schnecken und Insekten erinnert an deren vitale Rolle in einem Ökosystem am Rande des Zusammenbruchs.
Die epische Reise, auf die Momoko Seto vier Löwenzahn-Sporen schickt, liefert mit lebensgetreuen Hochglanz-Bildern eine makellose, doch klinisch-künstliche Optik. Viele Chance zu visueller und narrativer Kreativität werden dabei verschenkt. Der fremde Planet gleicht praktisch der Erde. Obwohl großteils vom Wind und hilfreichen Gastropoden getragen, besitzen die Sporen mit drolliger Gestik individuelle Ansätze. Doch diese sind zu begrenzt für eine Dynamik außerhalb des Überlebenskampfs. Humor oder Spannung entwickeln sich kaum. So bleibt das Sci-Fi-Spektakel visuell glatt und seelenlos.
- OT: Planètes
- Director: Momoko Seto
- Year: 2025