Der französische Originaltitel “Prüfungen der Liebe” benennt merklich direkter den persönlichen Konflikt im Mittelpunkt Alice Douards reflexiven Spielfilm-Debüts. Dessen Story einer werdenden Mutter, die während der Schwangerschaft ihrer Ehefrau ihre eigene Vorstellung von Mutterschaft hinterfragt, greift Motive Douards 2022er Kurzfilms Expecting auf. Während die Handlung des Kurzfilms auf den Warteraum vorm Kreißsaal beschränkt ist, wo die Protagonistin als einzige Frau zwischen werdenden Vätern auf die Geburt ihres Kindes wartet, fächert die Langfilm-Verarbeitung die Kernthematik breiter auf.
Ein entscheidender dramatischer Faktor, für den nun narrativer Raum besteht, ist die eigene Mutterbeziehung der jungen Protagonistin. Celine, fokussiert verkörpert von Ella Rumpf, erwartet mit ihrer frisch gebackenen Gattin Nadia (Monia Chokri) beider erstes Kind. Frankreichs rechtliche Gleichstellung queerer Ehen ist im Handlungsjahr 2014 für staatliche und medizinische Institutionen noch Neuland und Celines Adoption des Kindes kostspieliger und komplizierter als gedacht. Während Freundeskreis und Behörden die hochschwangere Nadia als Mutter sehen, wird Celines Rolle beständig hinterfragt.
Die offenen und unausgesprochenen Zweifel des Umfelds der Partnerinnen bestärken Celines eigene Unsicherheit. Sie fühlt sich der Aufgabe nicht gewachsen, ist vom Nachwuchs ihrer Bekannter gestresst und hadert mit dem schwierigen Verhältnis zu ihrer Mutter Marguerite (Noémie Lvovsky). Die gefeierte Konzertpianistin war kaum für ihre Tochter da und liebt ihre Musik augenscheinlich mehr als ihr Kind – oder zumindest mehr als das Muttersein. Statt Maguerites Gefühle zu verurteilen, zeigt Duoard sie im Einklang mit aufrichtiger Zuneigung.
Diese seltene positive Darstellung einer authentischen Mutterrolle abseits konservativer Ideale und patriarchalischer Doppelmoral sowie der Respekt vor weiblicher Kreativität. Beides erfasst Celine erst, als sie selbst mit dem rigiden gesellschaftlichen Konzept von Mutterschaft konfrontiert wird. Dass sie mehr Anknüpfungspunkte mit Vätern findet als mit queeren Müttern, von denen keine auftaucht, ist ein interessanter Punkt, der indes nie vertieft wird. Genauso dezent bleibt die Alltagsdiskriminierung sozialer und systemischer Form. Licht und beschwingt wie Farbpalette und Soundtrack ist auch der dramatische Ausblick.
Die horrende Anwaltsrechnung, abgeschmackte Witze von Ärzten, verkappte Vorwürfe peinlich berührter Schwiegereltern: Seine aussagekräftigsten Momente hat Alice Douards nuanciertes Spielfilm-Debüt in scheinbar beiläufigen Szenen. Jene geben eine Ahnung der komplexen Diskriminierung queerer Paare gegenüber straighten Partnerschaften. Ressentiments zeigt die Regisseurin jedoch als so selbstverständlich wie die materiellen Privilegien der Protagonistinnen. In intimen Nahaufnahmen beobachtet die Kamera den emotionalen Wandlungsprozess ihrer Hauptfigur. Deren zurückhaltende Verkörperung durch Ella Rumpf trägt das unprätentiöse Charakterdrama auch über psychologische Unebenheiten.
- OT: Des preuves d’amour
- Director: Alice Douard
- Year: 2025