Einen physisch zermürbenden Job auf dem Bau zu machen, dazu in der unsicheren Position eines Migranten ohne dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung, ist umso härter für Menschen, die aus einem Kriegsgebiet kommen und vor der Entscheidung stehen, ob sie bleiben oder zurückkehren und impfen sollen. Aber eines ist noch viel härter: Als weißer männlicher Sproß superreicher Eltern am heimischen Pool zu liegen, die gesicherte Zukunft im Rücken und die Sonne im Gesicht. So wie der jugendliche Titelcharakter Robin Campillos verstiegenen Coming-of-Age-Dramas. Das suhlt sich förmlich im elitären Frust eines neureichen Nepo-Babys.
Enzo (Eloy Pohu) wächst mit seinem älteren Bruder in wohlhabendem Komfort auf. Sein Akademiker-Vater (Pierfrancesco Favino) und die fürsorgliche Mutter richten alles nach seinen Wünschen. Diese allerdings stellen nicht nur die Eltern zunehmend vor ein Rätsel. Der Schulaussteiger will nichtmal auf die von seiner Mutter favorisierte Elite-Uni, die unmotivierte Oberschicht-Kids gegen teure Studiengebühren durchschleift. Stattdessen besteht er auf einer Bauarbeiter-Lehre, für die er nicht geschaffen ist. Sein Ausbilder verzweifelt schier an Enzos Desinteresse, Faulheit und Zimperlichkeit. Doch ein Besuch in Enzos elterlicher Villa überzeugt ihn, seinen unfähigen Adepten auszuhalten.
So strapaziert Enzo weiter die Nerven und Geduld seiner Kollegen, unter denen ihn der junge Ukrainer Vlad (Maksym Slivinskyi) besonders fasziniert. Vladimir ist hin- und hergerissen zwischen seiner Arbeit in Frankreich und der Rückkehr an die Heimatfront. Mit beschämter Bewunderung und amouröser Besitzgier blickt Enzo zu ihm, den er um seine echten Probleme beneidet. Klingt zynisch? Das ist die bornierte Story auch. Die Inszenierung zeigt keinerlei Interesse oder Gespür für Vlads Konflikt, der dialektisch zugleich schöngefärbt und verharmlost wird. Die unteren Gesellschaftsklassen werden einmal mehr sexuell objektiviert und zum bloßen Auslöser der vermeintlich tiefgründigeren Identitätskrisen der Bourgeoisie reduziert.
Zu seinem Leidwesen muss Robin Campillos verwöhnter Titelheld feststellen, dass er seinem sozialen Status nicht so einfach entkommen kann. Eine solche Prämisse schreit förmlich nach Satire. Doch der Regisseur, der das Drehbuch vom kürzlich verstorbenen Laurent Cantet übernahm, überhöht Enzos Pseudo-Dilemma zur existenzialistischen Krise. In gediegenen Hochglanz-Bildern und mittels des prätentiösen Spiels eines eindimensionalen Jungdarstellers vollzieht das manipulative Jugenddrama eine dialektische Umkehrung klassistischer Diskriminierung. Diese stellt das Wohlstandsweh begüterter weißer cis Männer als relevanter und profunder dar als die pragmatischen Existenzfragen derer außerhalb der bourgeoisen Bubble.
- OT: Enzo
- Director: Robin Campillo
- Year: 2025