Dreißig Jahre ist es her, dass Cedric Klapisch einen Film in Cannes hatte. Sein jüngstes Werk weckt die Hoffnung, dass es mindestens genauso lange dauert, bis der Regisseur und Co-Drehbuchautor wieder zum Festival-Programm beiträgt. Der französische Originaltitel seiner komödiantischen Fantasy-Romanze bedeutet soviel wie „Die Ankunft der Zukunft“. „Die Rückkehr der Vergangenheit“ wäre passender für die spießbürgerliche Story, die ihre bigotten Werte und konservativen Kunstansichten gleich auf zwei Zeitebenen und jeweils gut ein Dutzend Charaktere auswalzt.
Seine reaktionären Prinzipien etabliert die Inszenierung unmissverständlich von der ersten Szene an. Jene spielt in der Gegenwart bei einem Photo Shooting in der Pariser Orangerie vor Monets Seerosen, von denen das Model möglichst wenig im Bild haben will. Dass es dafür kompositorische, praktische oder konzeptionelle Gründe geben könnte und nicht jeder Mensch ein Fan Monets Bilderserie sein muss, scheint undenkbar. Wer Monet nicht verehrt, ist in Klapischs Augen offenbar ein Kunstbanause. Diese altväterliche, akademische, zutiefst eurozentrische Auffassung von der wahren, natürlich musealen Kunst zementiert auch die Vergangenheitshandlung.
Die liefert die Hintergrundgeschichte des historischen Funds an Fotografien und einem Gemälde, dass vier Repräsentanten der zahlreichen Nachfahren einer gewissen Adele Meunier in deren altem Landhaus machen. Dass jenes Haus einer Mall weichen soll, ist eines zahlreicher Details, die Fortschritt als negativ definieren. Wahre Größe findet sich angeblich in der Vergangenheit, in die der im späten 19. Jahrhundert angelegte historische Handlungsstrang spielt. Die behütet auf dem Land aufgewachsene Adele (Suzanne Lindon) reist vom Land nach Paris auf der Suche nach ihrer Mutter.
Die heißt – Proust lässt grüßen – Odette (Sara Giraudeau) und ist nach ihrer unehelichen Schwangerschaft im Bordell gelandet. Kritisch differenziert wird das zeitgeschichtliche Stigma der Sexarbeit selbstredend nicht. Odettes Schicksal mindert auch nicht die Idealisierung Adeles Vaters: kein Geringerer als Claude Monet (Olivier Gourmet). Der erscheint neben anderen kanonischen Kulturikonen wie Victor Hugo (François Berléand) und Felix Nadar (Fred Testot) als altehrwürdiger Pate eines – im Fall der Filmfiguren buchstäblichen – kulturhistorischen Erbes, das es gegen einen vermeintlich vulgären zeitgenössischen Kunstgeschmack zu verteidigen gilt.
Vorhersehbar, verstaubt und in jeder Hinsicht vorvorgestrig, ist Cedric Klapischs pittoreske Kostüm-Romanze optisch, inszenatorisch und dramatisch gleichermaßen dröge. Die Charaktere sind wandelnde Stereotypen, die Dialoge wirken unnatürlich maniriert, Kulissen sehen aus wie Pappmaché und die Kostüme wie aus dem Fundus. Die von patriarchalischen und intellektualistischen Ressentiments geprägte Message streichelt ein elitäres eurozentrisches Ego, das Kunstschaffen als weiß, männlich, gutbürgerlich und akademisch – und idealerweise auch noch französisch – definiert. Abgestandene Witze, verkrampfte Romantik und normative Familienkonzepte komplettieren die Bildungsbürger-Belustigung.
- OT: La venue de l’avenir
- Director: Cedric Klapisch
- Year: 2025