Er sei der mittelmäßigste Dichter, den er je erlebt habe, hört der Titelcharakter Simón Mesa Sotos skurriler Burleske in einer Szene seitens eines erfolgreicheren Kollegen. Wie ein Kompliment klingt das nicht gerade, doch auch Mittelmäßigkeit muss erstmal erreicht werden. Dass dies eine echte Herausforderung sein kann, zeigt die holprige Mischung aus Midlife Crisis Comedy und Coming-of-Age-Story. Die strebt mit einer Story, die eine gleichermaßen verstaubte und verbrauchte Blaupause mit stereotypen Figuren besetzt, auch nur Mittelmaß an.
Die Handlung folgt dem in Selbstmitleid und Selbstüberschätzung zerfließenden Dichter Oscar Restrepo (Ubeimar Rios) bei seinen Versuchen, die talentierte Schülerin Yurlady (Rebeca Andrade) zur Nachwuchs-Poetin aufzubauen. Trotz seines fortgeschrittenen Alters lebt Oscar immer noch bei und auf Kosten seiner Mutter. Die nötigt ihn schließlich, einen Job als Lehrer anzunehmen, da sich seine Gedichtsammlungen nicht verkaufen. In Yurlady findet Oscar ein unverbrauchtes Talent, das nicht nur seine abgehalfterte Dichter-Clique begeistert und ihn aus seinem Weltschmerz rausholt.
Einen Moment scheint es, als würde die in unzähligen Filmen durchgekaute Altherren-Phantasie von einer jungen Frau oder wie bei Yurlady, einem Teenager, die einem alten Mann die Lebensfreude wiedergibt, zumindest variiert. Yurladys mangelnde Ambitionen geben Oscars Enthusiasmus einen Dämpfer, aber dem gestrigen Narrativ keinen Schwung. Die aufgeworfene Problematik sozialstruktureller und materieller Hürden wird zur Steilvorlage für klassistische Negativstereotypen und bourgeoise Verklärung. Noch unangenehmer sind die abgeschmackten Witze über sexuellen Missbrauch Minderjähriger und dessen gesellschaftlicher Tolerierung.
Die geschmacklosen Gags über sexuelle Gewalt sind nicht das einzige, das Simón Mesa Sotos schale Altherren-Komödie am Mittelmaß scheitern lässt. Der aus aufgewärmten Klischees zusammengesetzte Plot ist mit über zwei Stunden Laufzeit unendlich zäh. Die Figuren sind papierne Stereotypen, denen das lustlose Schauspiel kaum Profil verleiht. Ungleichmäßiger Schnitt und eine ständig wackelnde Kamera geben dem Szenario die Optik eines Heimvideos. Relevante gesellschaftliche Themen werden banalisiert, während trivialen Privilegierten-Problemchen übermäßig Raum gegeben wird. Von Poesie keine Spur.
- OT: Un Poeta
- Director: Simón Mesa Soto
- Year: 2025