“Was ihr macht, ist eine Form von Widerstand. Die Methoden mögen anders sein, aber das Ziel ist das gleiche: Widerstand leisten.“ Diese Worte aus Arab und Tarzan Nassers jüngstem Kinowerk gelten genauso für das palästinische Regie-Duo wie für die fiktiven Filmschaffenden, an die sie in einer metatextuellen Szene gerichtete sind. In einer Zeit, in der Israels Regierung Palästina, seine Menschen und Kultur auszulöschen versucht, ist die Arbeit palästinischer Filmschaffender zugleich politischer Protest. Das gilt besonders für den anspielungsreichen Konflikt der Figuren.
Deren Geschichte entfaltet sich in zwei Akten, unterteilt von einem narrativen Bruch, der sie für einen Moment wie zwei verschiedene Filme erscheinen lässt. Trotzdem fügt sich die hintergründige Story nahtlos aus beiden Teilen zusammen. So wie die au den ersten Blick gegensätzlichen Hauptfiguren eine unwahrscheinliche Freundschaft verbindet. Der harte Dealer Osama (Majd Eid) und der stille Imbiss-Besitzer Yahya (Nader Abd Alhay) haben gemeinsam ein florierendes Geschäft mit verschreibungspflichtigen Meds aufgebaut. Die verkauft Yahya auf Wunsch als Spezialzutat mit seinen Kebabs.
Doch als der egomanische Polizeibeamte Abou Sami (Ramzi Maqdisi) Osama ins Visier fasst, bahnt sich ein blutiger Showdown an. Karge Beleuchtung, beengte Innenräume und dunkle Gassen erschaffen eine düstere Atmosphäre, die der makabere Humor kaum aufhellt. Gewalt liegt beständig in der Luft und bis sie ausbricht, ist es nur eine Frage der Zeit. Dass die für ihn abläuft, spürt Osama. Unter seiner rauen Schale liegt eine Schwermut, die in beiläufigen Gesten durchscheint. Wie dem sehnsüchtigen Blick zum Südsee-Strand in einer TV-Reklame.
Ebenso versteckt sich in Yahyas schmächtiger Erscheinung eine Stärke, die nur wenige sehen. Einer ist Osama, ein anderer der namenlose Regisseur (Is‘haq Elias) des „ersten Actionfilms aus Gaza“. Den bewirbt ein Fake-Trailer, der als Prolog auf die zahlreichen visuellen und stilistischen Referenzen an das Kino verweist. Die wichtigste Referenz ist der Film im Film, für den Yahya spontan als Titelheld gecastet wird. Der Part weckt eine Entschlossenheit, die er selbst nicht kannte. Fiktion und Realität gehen eine symbolreiche Symbiose ein.
Vor dem bedrückenden Hintergrund militärischen Terrors entwerfen Arab und Tarzan Nasser ein doppelbödiges Szenario, das die Macht der Bilder vor und hinter der Kamera heraufbeschwört. Neo-Noir, Western und Rabenschwarze Komödie verflechten sich zu einem sardonischen Crime-Thriller. Dessen Stimmung, Setting und Symbolik sind ebenso fesselnd wie der Plot. Sein Zentrum ist die Dynamik der eindringlich verkörperten Figuren. Schwelender Soundtrack betont die Genre-Facetten, mittels derer die palästinischen Regie-Brüder den politischen Subplot schillern lassen: „Man kann mit Waffen Widerstand leisten, aber auch mit Bildern.“
- OT: Once Upon a Time in Gaza
- Director: Arab Nasser, Tarzan Nasser
- Year: 2025