Es gibt Probleme, die sind keine. Und mit dieser Sorte elitärer Nichtigkeiten plagen sich die Figuren in Barbara Kulcsars zweitem Spielfilm, der auf kuriose Weise so wirkt, als habe die Schweizer Regisseurin ihr Kinodebüt weitergedacht. Wobei „denken“ relativ ist. Weder hat sich die Dramaturgie vertieft, noch der soziologische Blick geschärft. Lediglich in zeitlicher Dimension rückt die harmlos-humorige Handlung voran. Statt um ein Pärchen am Rande der Mid-Life-Crisis geht es nun um Senioren.
Die wollen genau wie die Charaktere in Kulcsars Erstling während eines romantischen Urlaubs ihre Beziehung aufpolieren, doch die Zweisamkeit stört eine dritte Person. Das ist Heinz (Ueli Jäggi), langjähriger Freund von Alice (Esther Gemsch) und Gatte Peter (Stefan Kurt), die sich nun zu dritt mit ihm auf einem Luxus-Kreuzfahrtschiff verlustieren. Wobei „verlustieren“ auch relativ ist. Sie ist nicht nur sexuell frustriert, dass Peter sich mehr mit Sport und gesunder Ernährung beschäftigt als mit ihr.
Nach jahrzehntelanger Langweile im adretten Eigenheim soll der Frischpensionär endlich Zeit für sie haben. Das ist das Milieu, über dessen goldenen Tellerrand Petra Biondina Volpes Drehbuch nie hinausschaut. In diesen Kreisen ist es schon emanzipatorisch, wenn Alice beim Zwischenstopp in Marseille allein loszieht, auf magic Mushrooms mit einem deutschen Pärchen kuschelt oder entdeckt, dass doch tatsächlich queere Menschen auf diesem Planeten leben. Wohnarrangements, die Normalsterbliche aus Geldnot eingehen, feiert die ergraute Elite als alternatives Abenteuer.
Um die artigen Witzchen und betulichen Befreiungsakte Barbara Kulcsars belangloser Beziehungskomödie herzerwärmend zu finden, muss man wohl selbst zum darin hofierten gealterten Geldadel gehören. Die patent gespielte, handwerklich saubere und gänzlich überraschungsfreie Rentnerkomödie umschifft die schlimmsten konservativen Klippen genauso wie jeden Bezug zur Lebensrealität einer von Verarmung und Vereinsamung bedrohten älteren Generation. Dass der vorgebliche Ausbruch der verwöhnten Figuren niemals aus dem eigenen sozialen Dunstkreis führt, ist symptomatisch für die blauäugige Bigotterie der Spätsommer-Komödie.
- ccOT: Die goldenen Jahre
- Director: Barbara Kulcsar
- Screenplay: Petra Biondina Volpe
- Country: Switzerland
- Year: 2022
- Running Time: 93 min.
- Cast: Isabelle Barth, André Jung, Stefan Kurt, Esther Gemsch, Gundi Ellert, Ueli Jäggi, Davide Gagliardi, Elvira Plüss, Martin Vischer
- Release date: 17.11.2022
- Image © Alamode