„Er ist zu gefährlich, um zu leben“, sagt der Jäger (Flemming Quist Möller) über den großen Bären. Sein Wald liegt jenseits der meterhohen Steinmauer um das Haus des Großvaters, den Jonathan (Markus Rygaard) und seine kleine Schwester Sophie (Alberte Blichfeldt) besuchen. Nie dürften sie durch die kleine Tür in der Mauer durchschreiten, warnt der Großvater. Dort liegt der gefährliche Teil des Waldes, hat Großvater die Geschwister gewarnt. Dort, in der unberührten und -erkundeten Wildnis lebt das gewaltige Titeltier. Durch diese Tür verschwindet Sophie.
Im Wald wartet auf sie das Titeltier. Die Mauer ist Grenze zwischen Zivilisation und Wildnis, Rationalität und dem Dickicht des Unterbewusstseins. Der Große Bär, den der schwedische Animationskünstler Ebsen Toft Jacobsen aus den dunklen Nadelschatten erweckt, ist das mythische Symboltier des Waldes. Aus seinem Pelz wachsen die Bäume des Waldes, dessen magische Kräfte er hütet. Der Wald verbirgt ihn vor dem Jäger, der ihn erbittert verfolgt. Das moderne Märchen kreist um die uralte Angst vor der Unberechenbarkeit der Natur, ihrer Unbegreiflichkeit und Weite. Jacobsen verniedlicht den zentralen Charakter nicht zum übergroßen Kuscheltier. Nur widerstrebend gibt ihm Sophie einen Namen. Haustiere haben einen Namen.
Er heißt wie das, was er ist. Genau wie Sophies Mutter und Vater. Und der Jäger. Während der Bär buchstäblich mit dem Wald verschmolzen ist, bekämpft der Jäger sie. Phantasiereich und eindrucksvoll wie das Titeltier ist der schwedische Kinderfilm. Inspiriert von der Filmkunst eines Hayao Miyazaki und nordischen Mythen, erschafft Jacobsen eine spannende Parabel über das Zusammenleben von Zivilisation und Ursprünglichkeit. Für den letzten Bären, der sich in hiesige Lande wagte, kommt diese Lektion leider zu spät. Fast schade, dass im Kinderfilm-Wettbewerb keine Bären verliehen werden.
- OT: Den kaempestore björn
- Regie: Esben Toft Jacobsen
- Drehbuch: Esben Toft Jacobsen, Jannik Tal Moshoit
- Produktionsland: Schweden
- Jahr: 2011
- Laufzeit: 73 min.
- Cast: Markus Rygaard, Alberte Blichfeldt, Elith Nykaer, Flemming Quist Möller, Lennart Jähkel
- Beitragsbild © Berlinale