Auch wenn die im Pressematerial hochtrabend heraufbeschworene Inspiration durch Brokeback Mountain einen Tick überambitioniert wirkt, haben Kamil Krawczyckis Langfilm-Debüt und Ang Lees Oscar-Gewinner tatsächlich mehr gemeinsam als Pferde und das Grundthema einer schwulen Liebe in einem feindseligen Umfeld. Beide Werke erscheinen nicht progressiv oder gewagt aufgrund ihres Inhalts, sondern aufgrund ihres zeitgeschichtlichen und lokale Rahmens. Der ist für den jungen Bartek (Jan Hrynkiewicz) und den entfremdeten Nachbarsohn Dawid (Paweł Tomaszewski) ein Dorf im ländlichen Polen.
Die queerfeindliche Landespolitik, die einem desinteressierten Anteil des Publikums mittels eines Nachrichtenfetzens mitgeteilt wird, findet ihren Widerhall in der Mentalität des Umfelds des stillen Protagonisten. Seine alkoholabhängige Mutter (Ewa Skibinska) verleugnet die Gerüchte um ihren Sohn und den aufgrund des Todes seines Vaters angereisten Dawid erst, dann versucht sie Bestechung. Denn ihr Sohn hofft, mit den Pferden des verfallenden Hofs ein Gestüt aufzubauen. Doch für die Anwohner sind Tier nur ein Ventil für ihre Frustration.
Die Analogie von Tierquälerei und Bigotterie ist eines der feinsinnigen Details, die das romantische Coming-of-Age-Drama von vergleichbaren Selbstfindungsgeschichten abheben. Nasskalte Witterung versinnbildlicht das abweisende Klima des verarmten Ortes, dessen Bewohnende ihre Perspektivlosigkeit im Rausch ertränken. Schmutzige Grau- und Brauntöne verstärken die deprimierende Tristesse, in die nur gescheiterte Existenzen wie Barteks Schwester dauerhaft zurückkehren. Den ironisch gebrochenen Blick auf dieses nationalistische Nirgendwo verdeckt jedoch zunehmend Optimismus, der zugleich die authentische Atmosphäre untergräbt und die Glaubhaftigkeit überspannt.
Der eigenwillige Titel, der auf eine bizarre Episode exemplarischer Homophobie in einem polnischen Zoo anspielt, und beiläufige Details wie der Name eines Pferdes dienen Kamil Krawczyckis autobiographisch gefärbter Romanze als dezente Hinweise auf das groteske Ausmaß der LGBTQ+ Paranoia seines Heimatlandes. Solide gespielt und mit einem Auge für die raue Landschaft in Szene gesetzt, ist die austauschbare queere Liebesgeschichte zwar demonstrativ in ihren übermäßigen Sexszenen, aber dafür umso befangener in der Konfrontation des alarmierenden Fundamentalismus.
- OT: Slon
- Director: Kamil Krawczycki
- Screenplay Kamil Krawczycki
- Country: Poland
- Year: 2022
- Running Time: 105 min.
- Cast: Andrzej Franczyk, Pawel Tomaszewski, Ewa Skibinska, Ewa Kolasinska, Wiktoria Filus, Maciej Kosiacki, Michal Pawlik, Halina Jablonowska, Boguslaw Repelewicz, Ireneusz Pastuszak, Tomasz Zaród, Wojciech Skibinski, Aleksandra Piotrowska, Valerie Bubblegum, Maryjka, Kiki Suprise
- Image © Salzgeber