Wer 2018 Bohemian Rhapsody so toll fand, dass er den überraschenden Oscar-Preisträger dieses Jahr gleich wieder gucken will, darf sich freuen. Die Rock-Oper geht erneut an den Start, nur übernimmt die Hauptrolle jetzt Taron Edgerton und der Held des manischen Musical-Melodrams heißt Elton John. Der reale Mensch hinter den ständig wechselnden Brillengestellen und bombastischen Bühnenoutfits scheint Regisseur Dexter Fletcher dabei noch gleichgültiger als Freddy Mercury, dessen Biopic er nach Singers Abgang beendete.
Der einfallslose Song-Filmtitel ist die erste zahlreicher auffälliger Parallelen zweier Künstlerbiografien, deren angepasste Austauschbarkeit im Kontrast zu den markanten Protagonisten steht. Die (Ver)Wandlung des schüchternen Vorstadtjungen Reginald Dwight zum schillernden Superstar vollzieht sich lapidar nebenbei. Die komplexe Verflechtung von Selbstablehnung, Selbstdarstellung und Selbstparodie in Johns Performance wird nie thematisiert, sein Musikgenie nie ergründet. Er hat’s eben drauf (musikalisch) und ist bald voll drauf (suchttechnisch). Trotzdem jagt ein Megahit den nächsten, pophistorisch und inszenatorisch.
Wie John das schafft, was ihn inspiriert, motiviert – egal. In Bernie Taupin (Jamie Bell) findet er den perfekten Texter und hebt ab. So einfach geht eine Weltkarriere. Doch die bösen Drogen … lassen ihn keinen Tag altern. Äußerliche Ähnlichkeit zum Original beschränkt sich auf die grandiosen Kostüme. Charakterentwicklung und psychologische Tiefe fehlt den von plumpen Erklär-Dialogen gelähmten Spielszenen. Die sind in dem schematischen Plot bloß Lückenfüller zwischen den Gesangnummern. Augen zu, Ohren auf und durch.
- OT: Rocketman
- Regie: Dexter Fletcher
- Drehbuch: Lee Hall
- Produktionsland: UK, USA
- Jahr: 2019
- Laufzeit: 121 min.
- Cast: Bryce Dallas Howard, Richard Madden, Taron Egerton, Jamie Bell, Steven Mackintosh, Gemma Jones, Kamil Lemieszewski, Tom Bennett, Luke White, Alison Ball, Charlotte Sharland
- Kinostart: 30.05.2019
- Beitragsbild © Paramount Pictures Germany