Einleitungstexte vermitteln essenzielle Fakten, auf die das Publikum vermeintlich nie selbst kommen könnte. Zum Beispiel: Steve Shill und Drehbuchautor David Loughery oder zumindest einer von beiden hat irgendwie mitgekriegt, dass Shakespeare schrieb: “Hell hath no fury like a woman scorned” Übertragen auf das Szenario des abstruse Debüts heißt das: Hell hath no fury like an independent employed woman. Sharon (Beyoncé Knowles) hat „den perfekten Ehemann“ Derek (Idris Elba), das “perfekte Haus” und „das perfekte Kind“ – weil unperfekte Babys was für unperfekte Paare sind. Aber eine Andere will all das für sich und ist Obsessed. Die Bedrohung für die reichen Idealmenschen kommt aus der Arbeiterklasse in der verführerischen Gestalt von Dereks neuer Sekretärin Lisa (Ali Larter).
Ja, notgeile Bürohilfen existieren noch außerhalb von Pornos, nämlich in den Köpfen der Filmemacher. Bald leidet Derek unter Lisas Annäherungen, wie vor ihm die Protagonisten in Fatal Attraction, Working Girl und Disclosure. Gruselig ist einzig das ätzende Triumvirat von Chauvinismus, Misogynie und Bigotterie. Dereks voyeuristische Blicke werden Lisa angelastet, genau wie seine anzüglichen Sprüche. Paradoxer-, im Kontext der sexistisch motivierten Handlung jedoch konsequenterweise gilt dennoch Lisa als sexuell aggressiv. Dabei ist die angeblich Laszive weder unpassend noch aufreizend gekleidet. Sie sieht einfach gut aus. Dies nicht zu verbergen, deutet Shill als eindeutige Aufforderung und Grenzüberschreitung. Zweiter macht Lisa sich mehrfach schuldig. Als Angestellte wagt sie sich an ihren Vorgesetzten, als Frau ist sie aktiv, statt passiv.
Und noch was: Derek ist schwarz. Sharon auch. Lisa … nicht. Nicht nur Paare mit unterschiedlicher Hautfarbe schrecken die Filmemacher. Den segregierten Hetero-Himmel bedrohen außerdem eifersüchtige Schwule. So einer ist Dereks Assistent. Er unterstützt Lisas Intrigen, denn er steht ebenfalls auf den Chef. Vorbei die Zeiten, als Frauen zu Hause blieben und Homos in the closet. Heutzutage ist Mann im Beruf allseits bedroht. Auch den heimischen Frieden gefährdet die Emanzipation: Sharon will ihren Uniabschluss nachholen. Dabei ist sie doch Mutter, jammert ihr Gatte. Darin macht Leistung Frauen zu heimtückischen Intrigantinnen. Siehe Lisa, die zur Verwunderung ihres Chefs „so effizient“ arbeitet. Verdächtig, normale Frauen sind ja bekanntlich voll inkompetent, wie die Polizeibeamtin, die gegen die besessene Lisa ermittelt.
Der Wust kruder Vorurteile aus dem Katalog der Alt-Right würden den Unterhaltungswert jedes Werks unterminieren. Aber hier gibt es keine Suspense, Dramatik oder Atmosphäre, die kaputt gemacht werden könnte. Kein Wunder, das Zielpublikum unterhält sich garantiert ausreichend an der filmischen Bestätigung seiner Vorurteile. Der Kassenerfolg der schundigen Produktion scheint in Retrospektive ein Indikator für die politische Stimmung jener trügerisch gemäßigten Zeit. Fast so traurig wie Idris Elba und Beyoncé in so einem Mist zu sehen.
- OT: Obsessed
- Regie: Steve Shill
- Drehbuch: David Loughery
- Produktionsland: USA
- Jahr: 2009
- Laufzeit: 108 min.
- Cast: Idris Elba, Beyoncé Knowles, Ali Larter, Jerry O’Connell, Bonnie Perlman, Christine Lahti, Nathan Myers
- Kinostart: 11.06.2009
- Beitragsbild © Sony