„Is this the future?“ Nein, nur ein rückständiges Dorf in der chinesischen Provinz, wo Wkwok Yun (Shi Ke) im Steinbruch arbeitet. Der Spruch auf dem T-Shirt der ledigen Mittdreißigerin scheint ein Omen für das Titelsymbol von Xiaolu Gaos satirischer Groteske. Was Yun nach einem Rendezvous mit dem Dorflehrer (Z. Lan) durch das Prisma eines gefundenen Kristalls am Himmel sieht, bleibt unsichtbar wie der Regierungsbeamte, der Erkundungen darüber einzieht. Umso drastischer zeigt sich das Chaos, das die Geldschenkung eines Amerikaners (Udo Kier) an Yun sowie deren Himmelssichtung unter den Einwohnern auslösen.
Vorerst lassen sich keine weiteren Außerirdischen blicken, vielleicht weil sie den durch Bauprojekte der Dorfvorsteherin (Mandy Zhang) veränderten Ort nicht wiedererkennen. Geld schläft nicht, nur die Vernunft. Ihr Schlaf gebiert architektonische Monster wie die Nachbildung der Oper von Sydney und dem UFO-Vergnügungspark. „Disneyland ist nichts dagegen!“, frohlockt die Dorfvorsteherin, deren Sekretär Zhao (Massela Wei) ist Boss des neuen Luxushotels. Bewohner fremder Galaxien, mit denen die Profiteure so fest rechnen wie mit Tourismus-Einnahmen, checken nicht ein. Dafür kommen Abgesandte eines Orts, den ebenfalls Lichtjahre von der rückständigen Gemeinde trennen: Peking. Dessen Regierungsbeamte haben Handys, Kameras und Fragen. Die meisten bleiben offen. Der Regisseurin liegt mehr am parodistischer Systemkritik als an metaphysischer Sinnsuche. In der Leinwandadaption ihres gleichnamigen Romans observiert sie einen Arbeiter- und Bauernstaat en miniatur, den ein absurder Zufall aus der Vergangenheit in die Zukunft katapultiert. Das Ereignis aktiviert ein Perpetuum Mobile sozialer wirtschaftlicher und psychologischer Denk- und Handlungsschemata.
Vor der Kulisse postsowjetischer Bürokratie, die zu postmoderner Technokratie wechselt, entsteht ein soziotopischer Kontrast, ebenso surreal wie konkret. Der Widerspruch zwischen gesellschaftlichem Reaktionismus und ökonomischer Progression markiert den narrativen Kern. Die Handlungsepisoden verknüpfen weniger Charaktere als Konfliktsituationen. Letzte eint ihre Reziprozität, die Privatangelegenheiten zur Kollektivsache macht. Der Fallout der Totalkontrolle fordert Opfer. Karpfen-Li, der schließlich gleich den Fischen mit dem Bauch nach oben im industriell verschmutzen Wasser schwimmt, ist nur das Erste. Auf der symbolischen Hochzeit von Kapitalismus und Kommunismus, die in einem Abgesang auf die ideologischen Werte der gleichermaßen korrupten Systeme mündet, ist Yun das ausstaffierte Dankopfer. Außenseiterin war sie bevor ihr die Nachteile der kosmischen Kulturrevolution zugeschoben wurden, und bleibt es, als die geistige Rückständigkeit sich im kapitalistischen Fortschritt auf groteske Weise selbst übertrumpft.
- Beitragsbild © Pandora Filmverleih