Beständiges Unterwandern einer (Schein)Realität als gezielte Täuschung soll die ironische Selbstreflexion der jüngsten Episode von Marvels Superhelden-Serie beweisen. Stattdessen untermauert das in der holprigen Story inflationär eingesetzte Gimmick deren Mangel daran. Für die Illusion dramaturgischer Doppelbödigkeit gilt das Gleiche wie für die ausgefeilten Täuschungsmanöver, mit denen sich der freundliche Spider-Man aus der Nachbarschaft (Tom Holland) herumschlägt: Aufwendig bedeutet nicht unbedingt clever. Diese Lektion predigt Jon Watts handwerkliche Inszenierung, ohne sie zu verinnerlichen.
Die an die Presse gerichtete Verleih-Mahnung, ja keines der minimal dramatischen Details zu spoilern, wirkt da wie ein weiteres der egozentrischen Blendwerke, an denen die Drehbuchautoren augenscheinlich mehr Spaß hatten, als dem Publikum vergönnt ist. Besaß Peter Parkers von Teenager-Problemchen katalysierte Identitätskrise in Spider-Man: Homecoming einen gewissen naiven Charme, ist sie in der Endlosschleife eines diverser Anzeichen dramaturgischer Stagnation. Weder Held noch Multiverse entwickeln sich relevant weiter, der Unterhaltungsfaktor gar spürbar zurück.
Angesichts der Redundanz des zu Tode gemolkenen Franchise fehlt offenbar selbst Nick Fury (Samuel L. Jackson) und Maria Hill (Cobie Smulders) jede Motivation für echten Einsatz. Nicht nur der Handlung mangelt Substanz, sondern (auf doppelter Ebene) den als Gegnern aufgefahrenen Elementals. Sie vereinen sich mit Jake Gyllenhaals Mysterio zur Anti-Öko-Botschaft, kaschiert vom gefälligen Mix aus RomCom, Family Fun und Pseudo-Gesellschaftskritik: „Die Leute glauben alles.“ Tatsache. Sogar, dass dies der Sommer-Blockbuster sei.
- OT: Spider-Man: Far from Home
- Regie: Jon Watts
- Drehbuch: Steve Ditko, Stan Lee, Chris McKenna, Erik Sommers
- Produktionsland: USA
- Jahr: 2019
- Laufzeit: 129 min.
- Cast: Zendaya, Jake Gyllenhaal, Cobie Smulders, Tom Holland, Marisa Tomei, Samuel L. Jackson, Jon Favreau, Angourie Rice, Michael Keaton, Tony Revolori, Martin Starr, Remy Hii, Numan Açar, Jacob Batalon, Zach Barack
- Kinostart: 04.07.2019
- Beitragsbild © Sony