Die Frage nach der Relevanz der eigenen Stimme stellen Azadeh und Kaveh stellvertretend für eine ganze Generation junger Iraner_innen in Ali Samadi Ahadi experimentellem Mix aus Doku und Fiktion. Die Wahlen am 12. Juni 2009 sollten dem Land den Wandel bringen. Doch der politische Umschwung war ein anderer, als die Anhänger der titularen Revolution erhofft hatten. Statt des gemäßigten Kandidaten Mir Hossein gewann sein fundamentalistischer Gegner mit einem Erdrutsch-Sieg. Der Goldene Bär für Nader und Simin – Eine Trennung rückt Ali Samadi Ahadis politische Doku-Fiction kontextuell ins Blickfeld.
Wie viele junge Mitbürger_innen rebellieren die Studenten Azdeh und Kaveh erneut, diesmal gegen den vermuteten Wahlbetrug. Im Zuge der Massendemonstrationen gegen die staatliche Manipulation wird grün zur Symbolfarbe einer in unerreichbare Ferne gerückten Utopie. Ein konservativer Sturm menschenverachtender Gewalt besiegelt die Macht des neuen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad. Amateuraufnahmen dokumentieren die Brutalität des Regimes, das den Traum von Freiheit im Keim erstickt. Handy-Videos, Fotos und Nachrichtenbilder transportieren ein das soziale Klima omnipräsenter Furcht.
Verschleppungen, Folter, Vergewaltigungen und Morde sind an der Tagesordnung sind. Menschenrechtlerin Shirin Ebadi, Menschenrechtsspezialist Payman Akhavan und Journalistin Mitra Khalatbari sprechen von der Zeit, als sie ihren Zielen so „nah sein wie noch nie zuvor“ schienen. Farbintensive Animationsszenen umrahmen das simpel gestrickte Plädoyer, das die angeheftete Geschichte um Azadeh (Pegah Ferydoni) und Kaveh (Navid Akhavan) als Katalysator nicht braucht. Die Fiktion mindert eher den Effekt des Reportage-Teils, dessen optimistische Anklänge in Retrospektive trauriger Naivität gleichkommen.
- OT: The Green Wave
- Regie: Ali Samadi Ahadi
- Drehbuch: Ali Samadi Ahadi
- Produktionsland: UK
- Jahr: 2010
- Laufzeit: 80 min.
- Cast: Pegah Ferydoni, Navid Akhavan, Shirin Ebadi, Mitra Khalatbari, Mehdi Mohseni, Mohsen Kadivar, Payam Akhavan, Shadri Sadr
- Kinostart: 24.02.2011
- Beitragsbild © Camino Verleih