„Was? Schon wieder ein Film über den Messner?“ Ja, schon wieder. Obwohl sogar Regisseur Andreas Nickel sich der Redundanz seines Projekts bewusst scheint: „Über den weiß man doch eh schon alles!“ Ganz sicher alles, was wissenswert ist. Aber das ist der zähen Huldigung nicht genug. Sie breitet jedes belanglose Detail über den Tiroler Bergsteiger aus, um ihre Ätsch-Bätsch-Ausgangshaltung zu untermauern: „Über Messner weiß man eigentlich sehr wenig. Werdet´s schon seh´n!“ Kunstlose Spielszenen erzählen Messners horizontalen Werdegang vor eindrucksvollen Naturkulisse. Deren Erhabenheit unterminiert die schwülstige Verklärung des Titelprotagonisten. Wenn er höchstpersönlich vor der Kamera steht oder klettert, repräsentieren Schauspieler Messner in diversen Lebensaltern.
Nickel betont: „Trotz all der atemberaubenden Einstellungen von Kletterszenen geht es in dem Film nicht um das Klettern per se.“ Das Bergsteigen ist hier eine Metapher für massive Themen: Überwinden von Rückschlägen, Wachsen an Widerständen, „das Leben schlechthin“. Sogar dessen, was über das Leben hinausgeht, wie ein theologischer Diskurs impliziert. Denn was fanden all die großen buddhistischen, christlichen und islamischen Propheten auf Bergen? Erleuchtung! Da muss ein Gipfelstürmer wie er ja nur so strahlen vom Licht der „Erkenntnis“, wie eines der Filmkapitel heißt. Mehr als eine Zusammenfassung amateurpsychologischer Floskeln liefert der Abschnitt allerdings nicht. Der dörflichen Enge entweicht der Protagonist in luftige Höhen.
Dazu sing Bob Dylan „Times they are a´changing“ und zwar gefühlt alle paar Minuten. Die Tantiemen sollen sich ja lohnen. Die Rasthütten seien keine Kommunen gewesen, aber in der Höhenluftwehteangeblich der Wind der Veränderung: „Das war die Anarchie, was wir in den Bergen gelebt haben.“ Die Hagiographie will ihn als Rebellen am Abgrund etablieren, doch dafür ist seine Person zumedienverschlissen, die Verbrämung zu plump. Über den höchsten Bergen thront deren Bezwinger, der seine physische Vergänglichkeit in jovialer Bescheidenheit bekennt: „Später muss man eingestehen, dass Menschen einfach zerbröseln.“ Um dem Verfall zuvorzukommen, setzt das Hohelied ihm zu Lebzeiten ein filmisches Denkmal.
- OT: Messner
- Regie: Andreas Nickel
- Drehbuch: Andreas Nickel
- Produktionsland: Deutschland
- Jahr: 2012
- Laufzeit: 108 min.
- Cast: Reinhold Messner, Luis Trenker, Hans Kammerlander, Aaron Messner, Horst Frankhauser, Peter Habeler, Hans-Jörg Messner, Florian Riegler, Ursula Grether-Endres, Hubert Niederwolfsgruber, Claude Montessuit, Manael Garnier, Ralf Strassberger, Maurice Cretton, Philipp Mantinger
- Kinostart: 27.09.2012
- Beitragsbild © movienet